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Grüner Antrag „Update fürs Netz – Digitale Teilhabe für alle“

Als Reaktion auf die unzureichende Breitbandverfügbarkeit in Deutschland, die während der Corona-Krise besonders schmerzlich deutlich geworden ist sowie auf verbraucherunfreundliche Rahmenbedingungen bei Internetverträgen, legen wir als Grüne Bundestagsfraktion den Antrag „Update fürs Netz – Digitale Teilhabe für alle“ vor. Die Süddeutsche Zeitung hat am 30. Juni 2020 über den Antrag berichtet.

Unsere wichtigsten Forderungen:

  • Rechtsanspruch auf schnelles Internet: Wir fordern die Bundesregierung auf, Breitband-Internet als Daseinsvorsorge im Rahmen des Universaldienstes festzulegen. Der Rechtsanspruch soll dabei nicht nur an einzelne Dienste wie E-Mails oder Online-Banking festgemacht sein, sondern sich an der von der Mehrzahl der angeschlossenen Teilnehmer genutzten Bandbreite bemessen und dynamisch angepasst werden.
  • Wo Breitband drauf steht, muss auch Breitband drin sein: Die Einhaltung der vertraglich zugesicherten Bandbreite muss sichergestellt werden, indem Verbraucher*innen Schadenersatz fordern können (bei regelmäßiger erheblicher Abweichung) und die Bundesnetzagentur Bußgelder für Telekommunikationsunternehmen erlassen kann.

Die Corona-Pandemie macht deutlich, dass die Menschen nur mit schnellem und verlässlichem Internet am digitalisierten Leben zwischen Homeoffice, Heimunterricht und digitalen Verwaltungen teilhaben können. Die aktuelle Lage zeigt: Dieses schnelle und verlässliche Internet ist in Deutschland nicht flächendeckend gegeben. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, eine flächendeckende, sichere und nichtdiskriminierende Vernetzung und damit Teilhabe und Chancengerechtigkeit für alle Menschen zu ermöglichen. Besonders im ländlichen Raum lässt die Verfügbarkeit von Breitbandinternetzugängen zu wünschen übrig: Nur 64,1 Prozent der Haushalte haben dort einen Internetzugang mit mindestens 50 Mbit/s zur Verfügung, wie die Zahlen des letzten Breitbandatlas von 2019 zeigen. Gerade einmal 34,1 Prozent der Haushalte in Deutschland können einen Breitbandzugang mit mindestens 1 GB/s nutzen. Auf dem Land sind es sogar nur 9,8 Prozent. Es wird allerhöchste Zeit, die digitale Infrastruktur krisen- und zukunftsfest aufzustellen und allen Verbraucher*innen ein Recht auf schnelles Internet zu geben. Der kürzlich geleakte Entwurf der Novelle des Telekommunikationsgesetzes fällt dabei enttäuschend aus: Es wird nur eine Minimalumsetzung der europäischen Vorgaben geben, die bei weitem nicht ausreicht. Die Nutzung lediglich einer Handvoll von Diensten soll möglich sein – höhere Bandbreiten werden ausgeklammert.

Die Ärgernisse für Verbraucher*innen hören bei der Verfügbarkeit eines Breitbandanschlusses nicht auf. Der kürzlich veröffentlichte Jahresbericht 2018/19 zur Breitbandmessung der Bundesnetzagentur zeigt, dass viele Anbieter von Internetzugängen seit Jahren ihre Werbeversprechungen im Hinblick auf die verfügbare Bandbreite privater Internetanschlüsse nicht einhalten. Im Festnetz-Breitband waren es 2019 lediglich 16,4 Prozent der Verbraucher*innen, welche die mit dem Anbieter vereinbarte Maximalgeschwindigkeit nutzen konnten. 70,1 Prozent der Nutzer*innen stand nur mindestens die Hälfte der vertraglich vereinbarten maximalen Datenübertragungsrate zur Verfügung. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Verbraucherrechte in diesem Bereich zu stärken: in Form von Schadenersatzzahlungen, einem Sonderkündigungsrecht bzw. ein Recht auf Tarifanpassung sowie der Möglichkeit, dass die Bundesnetzagentur Bußgelder für Telekommunikationsunternehmen erlassen kann.

Dazu erklärt Tabea Rößner, Sprecherin für Netzpolitik und Verbraucherschutz der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:

„Wo Breitband drauf steht, muss auch Breitband drin sein! Das fordern wir Grüne seit vielen Jahren. Es ist schwer vorstellbar, dass Dienstleister in einem anderen Bereich kontinuierlich so weit unter der vertraglich zugesicherten Leistung bleiben, ohne dass ihnen ernsthafte Konsequenzen drohen, wie es bei den Telekommunikationsanbietern der Fall ist. Ich kann die Bürgerbriefe und Beschwerden gar nicht mehr zählen, die mich im Laufe der vergangenen Jahre erreicht haben, von verzweifelten Kundinnen und Kunden, die nicht die vertraglich vereinbarte Bandbreite geliefert bekommen.

Eigentlich ist auf EU-Ebene in der Telecom Single Market Richtlinie geregelt, dass in den Mitgliedsstaaten abschreckende Sanktionen gegen die Telekommunikationsanbieter verhängt werden können, wenn die immer wieder mit Leistungsverstößen auffallen. Dazu gehören ausdrücklich auch Schadenersatzansprüche und Bußgelder. Es ist schäbig von der Bundesregierung, dass sie die Verbraucherinnen und Verbraucher in ihrer Not hier seit Jahren hängen lässt, obwohl sie wirksame Maßnahmen für einen besseren Verbraucherschutz treffen könnte.

Um Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Instrument in die Hand zu geben, sich gegen die Anbieter zu wehren, wollen wir einen einfach und niedrigschwellig durchsetzbaren Schadenersatz einführen, wenn die versprochenen Bandbreiten wiederholt stark unterschritten werden. Die Bundesnetzagentur soll außerdem die Möglichkeit bekommen, den Anbietern empfindliche Bußgelder von bis zu vier Prozent des in Deutschland im betreffenden Geschäftsbereich erzielten Jahresumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr aufzuerlegen. Denn wer nicht hören will, muss fühlen. Ähnliche Bußgelder oder Schadenersatzansprüche gibt es in anderen Branchen bereits längst. Es ist Zeit, endlich auch hier die Verbraucherrechte entschieden zu stärken!“

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