Rede zur Umsetzung der Modernisierungsrichtlinie 10.06.2021

Zum Tagesordnungspunkt 33 zu Protokoll gegeben:

Sehr geehrte:r Frau:Herr Präsident:in, meine Damen und Herren!

Immerhin: Sie haben bei der Umsetzung der Modernisierungsrichtlinie an einigen Stellen nachgebessert. Manches ist allerdings halbherzig ausgeführt, anderes nicht zu Ende gedacht. Ein starker Verbraucherschutz sieht jedenfalls anders aus.

Ein Kernstück der Reform ist der individuelle Schadensersatzanspruch im. Wesentliches Motiv der Richtlinie war, kollektive Klagen zu ermöglichen – eine der Lehren aus dem Dieselskandal. Für diesen Zweck war die von Ihnen im Gesetzesentwurf angedachte sechsmonatige Verjährungsfrist völlig untauglich – wie Sie selbst im Referentenentwurf noch festgestellt hatten. Jetzt haben Sie zwar sechs Monate drauf gepackt. In Fällen wie dem Dieselskandal ist das aber immer noch zu kurz.

Bei den Kaffeefahrten haben Sie unsere Kritik aufgenommen. Das Vertriebs­verbot umfasst jetzt auch Finanzdienstleistungen – Reisen bleiben aber weiter außen vor, obwohl auch diese bekanntermaßen eine der typischen Kosten­fallen darstellen.

Auch die unseriösen Haustürgeschäfte, zu denen wir Vorschläge gemacht haben, greifen Sie jetzt auf: Wo im Gesetzentwurf noch gähnende Leere herrschte, haben Sie sich jetzt immerhin für ein Verbot zur Aufforderung der Sofortzahlung durchgerungen. Aber ob das reicht, ist fraglich. Wie sollen denn Verbraucher:innen im Nachhinein nachweisen, dass sie nicht freiwillig direkt gezahlt haben, sondern dazu gedrängt wurden? Und wie wird verhindert, dass über den Preis Druck zum Sofortzahlen ausgeübt wird?

Das überzeugt nicht. Dabei gibt es doch sinnvolle Möglichkeiten, die auch dem seriösen Direktvertrieb keinen Schaden zufügen: die Sofortzahlung ab einer Bagatellgrenze zu untersagen oder die Widerrufsfrist zu verlängern. Unseres Erachtens müssten Überrumpelungen an der Haustür grundlegender an­gegan­gen werden – durch eine Bestätigungslösung, entsprechend unserer Forderung bei telefonischen Verträgen. Oder alternativ durch Einführung eines Einwilli­gungsvorbehalts.

Und es reihen sich für einen stärkeren Verbraucherschutz weitere verpasste Chancen aneinander: Im Hinblick auf die Transparenzpflichten von Plattformen hatten Sie die Möglichkeit, einmal wegweisend voranzuschreiten – gerade im Hinblick auf die anstehenden Verhandlungen zum Digital Services und Digital Markets Act. Sie bleiben dagegen ein weiteres Mal auf halber Strecke stehen. Nun weiß man zwar, ob der Anbieter ein Unternehmen oder Privatperson ist, aber nicht, wo dieser ansässig ist. Das erschwert es Verbraucherinnen und Verbrauchern, die Rechtslage adäquat einzuschätzen. Zumindest eine Angabe der ladungsfähigen Anschrift sollte Pflicht sein. Außerdem bleiben Online-Marktplätze, die Finanzdienstleistungen anbieten, von den neuen Transparenz­pflichten ausgeschlossen. Das ist nicht nachvollziehbar.

Alles in allem eine magere Pflichterfüllung: Die Umsetzung der Modernisie­rungs­richtlinie wird zwar einige Verbesserungen für die Verbraucher:innen bringen. Aber nur dank der EU. Sie hätten die Chance gehabt, mehr daraus zu machen. Dazu haben Ihnen wieder einmal Mut und Visionen gefehlt.


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