Rede zum Patentrecht am 11.06.2021

Zum Tagesordnungspunkt 34 zu Protokoll gegeben:

Sehr geehrte:r Frau:Herr Präsident:in, meine Damen und Herren!

Das Patentrecht zu vereinfachen und zu modernisieren, ist überfällig. Wie Kaugummi zieht sich dieses Reformvorhaben hin, und ein großer Wurf ist es schon gar nicht. An einigen Stellen wird etwas herumgedoktert, aber voraus­schauende und zukunftsfeste Lösungen für Software oder den biotechnologi­schen Bereich finden sich gar nicht. Schade!

Umso schwerer wiegt der Umstand, dass Sie für klassisch technische Erfindun­gen, deren Patentierbarkeit außer Frage steht, das Schutzniveau im Rahmen des Unterlassungsanspruchs bedenklich aufweichen – mit negativen Auswirkun­gen für den gesamten Innovations-, Technologie und Gerichtsstandort Deutsch­land.

Zur Erinnerung: Der Unterlassungsanspruch ist das einzige Rechtsinstrument, mit dem ein:e Patentinhaber:in verhindern kann, dass die Erfindung ohne Zustimmung weitergenutzt wird.

Nun kommt es sogar schlimmer: Die Verhältnismäßigkeitsprüfung im neuen § 139 PatentG haben Sie als rechtsvernichtende Einwendung ausgestaltet. Wir GRÜNE hatten eine rechtshemmende Einwendung vorgeschlagen, damit nur die Durchsetzung des Anspruchs bei Bejahung der Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen wird. So würde der Anspruch in seinem Bestand unangetastet bleiben. Sie schaffen zudem mit der ausufernden Verhältnismäßigkeitsprüfung fatale Fehlanreize. Fast wird der Eindruck erweckt, der Ehrliche sei der Dumme, wenn er Patentlizenzen rechtmäßig erwirbt. Denn bei einem Verstoß fällt das Prozessrisiko noch geringer aus, als es ohnehin schon ist. Und – anders als in den USA – gibt es bei uns ja als abschreckende Drohkulisse keine hohen Scha­dens­­ersatzsummen. Schon jetzt scheuen viele kleinere Patent­inhaber:innen die kostenintensiven und langen Verfahren.

Gegen die Neuerungen im § 139 Patengesetz, sind sämtliche Fachexpert:innen von der Patentanwaltskammer, dem Deutschen Anwaltverein bis zur Deut­schen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht Sturm gelaufen.  Ich halte dem Justizministerium mal zugute, nicht beratungsresistent zu sein. Es drängt sich viel mehr der Verdacht auf, dass Sie Branchenriesen insbesondere aus der Automobilsparte kurzzeitig Erleichterung verschaffen wollen – auf Kosten all der anderen Unternehmen, die hohe finanzielle und personelle Kapazitäten in ihre Entwicklungen gesteckt haben und nun um ihre Patente fürchten müssen. Ausbaden werden diese Kungelei besonders kleine innovative Unternehmen und Solo-Entwickler:innen, denn von der Berücksich­tigung von Drittinteressen profitieren überwiegend große technologieintegrie­ren­de Konzerne, da sie viele Abnehmer:innen, Zulieferer:innen und Beschäftige haben.

Was aber jetzt passieren wird, ist genau das Gegenteil zum eigentlichen Ziel der Reform: die Verfahren werden aufgeblasen und verlängern sich. Auf diese Folgen wurde bereits hingewiesen. Das wäre fatal  auch im Hinblick auf die ohnehin knappen personellen Ressourcen der Gerichte.

Zum Schluss noch eine Bemerkung abseits der speziellen Patentregelungen. Geschlechtergerechte Sprache ist kein Hexenwerk. Daher ist es bedauerlich, dass versäumt wurde, die Terminologie geschlechtsneutral anzupassen. Es wäre doch ein Leichtes, den Begriff „Fachmann“ durch „fachkundige Person“ zu ersetzen. Das wäre dann wirklich – zumindest sprachlich – ein modernes Gesetz!

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