Rede zur Änderung des Filmfördergesetzes am 26.03.2021

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Der Filmbranche geht es schlecht. Seit Monaten lebt sie in Ungewissheit und im Wechselbad der Gefühle – zwischen
Hoffnung auf Filmstarts in wiedergeöffneten Kinos und Enttäuschung über die Verlängerung der Beschränkungen
und ausbleibende Coronahilfen, und das, obwohl sie gute Hygienekonzepte entwickelt und in Filteranlagen investiert hat. Meine Anerkennung gilt daher der gesamten Branche für ihr Durchhaltevermögen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber es wäre zu einfach, alles auf die Pandemie zu schieben. Wir diskutieren heute über Änderungen der
Filmförderung, allerdings coronabedingt in homöopathischer Dosis. Dabei war schon die letzte FFG-Novelle
ziemlich unmutig.

Die Förderung dient laut § 1 der kreativ-künstlerischen Qualität des deutschen Films als Voraussetzung für seinen Erfolg im In- und Ausland. Dann folgen 171 Paragrafen, die diese Idee eher konterkarieren. Wir brauchen
daher kein Reförmchen; wir brauchen eine echte Reform.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])

Dass die große Reform erst kommen soll, wenn klar ist, was die Branche nach der Krise braucht: Geschenkt! Wir
müssen dann aber die nächsten zwei Jahre sinnvoll nutzen, die Filmförderung neu und zukunftsfest auszurichten. Immer wieder wird kritisiert, dieses Fördersystem bringe zu viel Mittelmaß hervor. Was wir brauchen,
sind mehr anregende, wertvolle und vor allen Dingen mutige Filme.


Der Film ist nicht tot. Das sehen wir aktuell. Allabendlich schauen Menschen aller Altersgruppen vom heimischen Sofa aus so viele Filme wie nie. Streaminganbieter schießen durch die Decke, während die Kinobranche ums
Überleben kämpft. Wieso geht man hier eigentlich nicht auf die Streamingdienste zu und fordert einen Solidarbeitrag ein? Das wäre doch mal eine echte Maßnahme.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Apropos Streaming. Über Auswertungsfenster von Filmen werden wir in den nächsten Jahren intensiv diskutieren müssen.


Doch Pandemie hin oder her, manches kann eben nicht warten: mehr Chancengerechtigkeit zum Beispiel, damit vielfältige Perspektiven im Film zu sehen sind. Und es reicht nicht, die Gremien quotiert zu besetzen. Wir brauchen bei der Fördermittelvergabe Zielquoten für einen höheren Frauenanteil.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Und: Wir brauchen mehr Plätze für Kreative in den Fördergremien. Die prekäre Lage vieler Filmschaffenden
muss angegangen werden. Soziale Standards beginnen eben bei einer fairen Förderung. Wir müssen die Stoffentwicklung stärker in den Fokus nehmen und das Referenzpunktesystem fairer gestalten.

Was wir auf jeden Fall machen müssen: Wir müssen diejenigen deutlich stärker unterstützen, die ihren ökologischen Fußabdruck auch im Film verkleinern wollen. Dafür gibt es viel mehr Vorschläge, als jetzt im Gesetzentwurf vorhanden. Machen Sie bitte mehr daraus!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unabhängig vom FFG: Zahlen Sie die Coronahilfen endlich aus, und verstetigen Sie die! Denn bei der Filmkultur geht es nicht um irgendwelches Chichi –

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Frau Kollegin.


Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
– ich komme zum Schluss –,


Präsident Dr. Wolfgang Schäuble: Bitte.


Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
sondern es geht um unseren gesellschaftlichen Resonanzrahmen. Den werden wir nach der Krise deutlich
stärker brauchen als zuvor.
Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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