Daisy zerlegt viel, aber nicht alles

Besuch der Recycling-Anlage von Apple in den Niederlanden

Die Recycling-Fabrik des Unternehmens Apple war Ziel meiner Reise nach Breda in den Niederlanden, wo ich mich über den Stand der Technik und Entwicklungen innovativer Technologien für die Kreislaufwirtschaft informierte. Diese iPhone-Demontageanlage ist die Einzige ihrer Art in Europa. Begleitet wurde ich von Wolfgang Dierker, Managing Director für Policy & Strategy bei Apple, und Jonas Dreger, International Environmental Initiatives aus dem Brüsseler Büro von Apple.

Als Mitglied des Ausschusses für Digitales und des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz gehören Nachhaltigkeit der Digitalisierung und das Recht auf Reparatur zu meinen Themenschwerpunkten. Neben der Reparatur als Instrument der Instandhaltung langlebiger Geräte sind das Recycling der einzelnen Komponenten und die Rückgewinnung der Rohstoffe insbesondere der Seltenen Erden wesentliche Instrumente für den Umwelt- und Ressourcenschutz.

Das Unternehmen gab mir einen Einblick in seine Arbeit im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Einen Diskussionspunkt bildeten die Ökodesign-Vorgaben für Smartphones und Tablets, die im November 2022 beschlossen wurden. Daneben diskutierten wir über weitere politische Handlungsfelder und notwendige Entwicklungen im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Ein Teil der Kreislaufstrategie von Apple ist eine Demontagetechnologie, die das Ziel eines geschlossenen Ressourcenkreislaufs innovativ unterstützt.

Herzstück der Demontageanlage in Breda ist „Daisy“, ein Roboter, der in mehreren Schritten innerhalb weniger Augenblicke iPhones modular demontieren kann. Es gibt weltweit nur zwei Ausfertigungen dieser Roboter-Technologie: Ein Modell steht in Breda (Niederlande), das andere Modell befindet sich in Austin, Texas (USA). Bei meinem Besuch wurde mir auch das Vorgängermodell gezeigt, das deutlich langsamer war und weniger konnte.

Daisy kann aber auch noch nicht alle Komponenten komplett auseinandernehmen. So müssen Verbund-Materialien noch auf herkömmliche Weise zerlegt werden. Die verschiedenen Komponenten werden von der Anlage sortiert. Um die Rohstoffe dann tatsächlich zu recyceln, braucht es nochmal spezialisierte Recycler. Die Recycler gewinnen aus den Hauptplatinen, Litzen und Kameramodulen dann in weiteren Recyclingprozessen Rohstoffe wie bspw. Gold, Kupfer, Seltene Erden und Aluminium zurück. Im Wiedergewinnungsprozess werden aber auch Kunststoffe, Keramik und Glas recycelt. Die sorgfältig getrennten Stoffe sollen anschließend für neue Geräte wiederverwendet werden.

Der durch das Recycling bilanzierte Einspareffekt ist bemerkenswert: Eine Tonne von dem wiedergewonnenen Material ersetzt 2.000 Erze aus einem Bergwerk. Im Jahr 2020 hat Apple die Demontagemöglichkeit von Daisy von 15 auf 23 iPhone Modelle erweitert, darunter alle Modelle zwischen iPhone 5 und iPhone 12. Aus nur einer Tonne iPhone Hauptplatinen, Litzen und Kameramodulen, die von Daisy zurückgewonnen wurden, konnte der Recycler die gleiche Menge an Gold und Kupfer zurückgewinnen wie aus mehr als 2.000 Tonnen abgebautem Gestein.

Fazit

Die Reise hat mir einen beispielhaften Eindruck über den Stand der Technologie für automatisierte Recyclingprozesse verschafft und die noch existierenden Mängel aufgezeigt. Zudem ist neben der Verantwortung, die Hersteller und Unternehmen tragen und zunehmend auf Grundlage von EU-Vorgaben übernehmen müssen, klar geworden, dass für eine echte Kreislaufwirtschaft essentiell ist, alte Geräte dem Wiederverwendungs- und Aufbereitungsprozess zuzuführen. Wie Anreize für Verbraucher:innen (z.B. ein Handypfand) geschaffen werden, damit sie alte Geräte nicht zuhause horten, sondern beim Hersteller oder an offiziellen Sammelstellen zurückgeben, wird seit vielen Jahren diskutiert.

Auf europäischer Ebene sind mit der neuen Ökodesign-Verordnung und dem Kommissionsentwurf eines Rechts auf Reparatur weitere Weichen in Richtung einer  konsequenten Kreislaufwirtschaft gestellt. Auch im Rahmen ihrer nationalen Umsetzung werden wir über Konflikte, technologische Weiterentwicklungen, Lösungswege und politische Weichenstellungen weiterhin intensiv diskutieren müssen.