Eindrückliche Reise nach Armenien und Georgien

Eindrückliche Reise nach Armenien und Georgien

Im März besuchte eine Delegation der Deutsch-Südkaukasischen Parlamentsgruppe des Bundestags Armenien und Georgien. Neben Tabea waren Falko Droßmann (SPD), Nico Tippelt (FDP) und Gökay Akbulut (Die LINKE) dabei.

Armenien war das erste Reiseziel der deutsch-südkaukasischen Parlamentsgruppe in dieser Wahlperiode mit Weiterfahrt nach Georgien. Das war auch höchste Zeit, hatte es in den vergangenen zwei Wahlperioden nur Reisen der Parlamentsgruppe nach Georgien und Aserbaidschan gegeben. Ich habe mich gefreut, die Delegation leiten zu dürfen.

Armenien hat angespannte Jahre hinter sich, sowohl im Land, als auch mit den Nachbarländern Türkei, Iran und vor allem Aserbaidschan. Seit der samtenen Revolution hat das Land den Demokratisierungsprozess konsequent weiterverfolgt und enorme Entwicklungen bei der Stärkung von Bürgerrechten, Korruptionsbekämpfung und in der Justiz gemacht. Viele Abgeordnete stammen aus der Zivilgesellschaft, und das Wahlrecht regelt, dass jedes dritte Parlamentsmitglied eine Frau ist. Die Erwartungen der Bevölkerung an die Regierung sind entsprechend hoch.

Bei allen positiven Entwicklungen ist die politische Lage weiter angespannt, insbesondere zu Aserbaidschan, das entgegen des Friedensabkommens den Latschin-Korridor blockiert und die territoriale Integrität Armeniens verletzt. Die Sorge um eine mögliche Eskalation ist allgegenwärtig, das wurde in den Gesprächen mit Ministerpräsident Nikol Pashinyan und dem stellvertretenden Außenminister, mit dem Parlamentspräsidenten Alen Simonyan und Abgeordneten sowie Vertreter:innen der Zivilgesellschaft deutlich. Die Erwartungen an Deutschland in der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit sind groß, und das deutsche Engagement bei der EU-Beobachtermission entlang der Grenze unter deutscher Leitung wurde sehr begrüßt.

Gedenken an den Völkermord

Ein wichtiger Termin war der Besuch der Gedenkstätte Tsitsernakaberd, wo wir einen Kranz zum Gedenken an die Opfer des Völkermords niederlegten und die Ausstellung des Genozid-Museums besuchten.

Beim „Obersten Patriarch und Katholikos aller Armenier“ (das ist der offizielle Titel) Karekin II. Nersissian in Etschmiadsin, dem geistlichen Zentrum der armenisch-apostolischen Kirche, war auch die Situation in Bergkarabach ein zentrales Thema. Uns wurden zwei Kreuzsteine aus dem 12. Jahrhundert gezeigt, die von dort in Sicherheit gebracht werden konnten – viele andere wurden im Krieg zerstört.

Neben all den offiziellen Terminen konnten wir ein bisschen was vom Land sehen, riechen und vor allem schmecken. Ob Aveluk-Suppe oder Tolma – Essen gab es reichlich. Beeindruckend waren die Ruinen des Zwartnots-Tempels aus dem 7. Jahrhundert. Auf dem Landweg ging es Richtung Georgien, entlang des großen Sewansees und der Grenze nach Aserbaidschan, wo wir einen KfW-geförderten Solarpark in Shorzha und ein Naturschutzprojekt zur Wiederansiedlung von Rotwild sowie ein GIZ-Tourismusprojekt in Dilijan besuchten. Schade, dass die Zeit so kurz war. Das Land macht neugierig, die Menschen sind offen und sehr freundlich – es wird nicht mein letzter Besuch in Armenien gewesen sein.

Georgien: Große Hoffnung auf EU-Kandidatenstatus

In Georgien erlebten wir ein tief gespaltenes Land. Nach der Auseinandersetzung um das sogenannte Agentengesetz werfen Opposition und Zivilgesellschaft der Regierungspartei Georgischer Traum vor, die Anstrengungen für die Erlangung des Kandidatenstatus für den EU-Beitritt zu hintertreiben. Die Regierungsvertreter:innen betonen dagegen, dass sie den von der EU-Kommission geforderten Reformkatalog, darunter die Umsetzung einer Justizreform zur Gewährleistung einer unabhängigen Justiz, die Stärkung der unabhängigen Korruptionsbekämpfungsbehörde und die Bekämpfung organisierter Kriminalität, abarbeiteten. Den Beteuerungen sollten wir keinen Glauben schenken, so die Regierungskritiker:innen, nicht die Worte, sondern die Taten sollten betrachtet werden. So würde nach dem Rausschmiss von regierungskritischen Wissenschaftler:innen an den Universitäten nun das Gleiche im Kulturbereich folgen.

Nach vielen Besuchen in Georgien in den vergangenen Jahren, in denen sich das Land als fortschrittlichstes in der Region präsentierte, ist dies eine traurige Entwicklung. Der russische Angriffskrieg wirft seinen Schatten auf Georgien, das einen Balanceakt vollführen muss: mit den russischen Soldaten im eigenen Land und den Abhängigkeiten von Russland auf der einen Seite und der Orientierung nach Westen und der dort eingeforderten Solidarität mit der Ukraine auf der anderen Seite. Der EU-Kandidatenstatus gilt jedenfalls als große Hoffnung in der Bevölkerung für weitere Reformschritte im Demokratisierungsprozess, und die Erwartungen, dass Deutschland diesen Prozess unterstützt, sind ebenfalls hoch.

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