Rede zum Bericht der Technikfolgenabschätzung

Wo gibt es noch eine gemeinsame Wissensbasis für den gesellschaftlichen Diskurs, wenn Algorithmen einzelnen Individuen unterschiedliche Inhalte zuspielen? Mit diesen Fragen hat sich das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (kurz TAB) befasst und jüngst einen Bericht vorgelegt, der im Bundestag debattiert wurde. Allerdings ist diese Diskussion nicht neu.

Seit 2009, seit ich im Bundestag bin, habe ich mich mit diesen Fragen intensiv befasst. Und auch wenn jetzt endlich im Medienstaatsvertrag und im Digital Services Act Regelungen für mehr Transparenz der Plattformen und für Viefaltssicherung existieren, wird man genau schauen müssen, ob sie reichen.

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Rede zum TAB-Bericht

(es gilt das gesprochene Wort):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

ChatGPT bekommt gerade große Aufmerksamkeit. Auch ich habe es befragt. Zitat:

„Eines der größten Versäumnisse der CDU in der Digitalpolitik ist ihr mangelndes Engagement
für eine zukunftsfähige Infrastruktur, mangelndes Verständnis für den Umgang mit Daten und Datenschutz sowie ihre mangelnde Unterstützung für Start-ups. Zusammenfassend kann man sagen, dass die CDU in der Digitalpolitik in den letzten Jahren versagt hat.“


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf der Abg. Dr. Christiane Schenderlein [CDU/CSU])


Das sind nicht meine Worte, wie gesagt. Das ist von ChatGPT geschrieben worden. Beeindruckend, wie treffsicher das System es hier auf den Punkt bringt. Konsultieren Sie das Programm selbst! Es hat auch noch ein paar Tipps, was Sie besser machen können.

Aber vielleicht spuckt es Ihnen ja auch was ganz anderes aus. Da sind wir bei des Pudels Kern: Warum werden wem welche Inhalte angezeigt? Was bedeutet es für die öffentliche Meinungsbildung, wenn algorithmische Entscheidungssysteme einzelnen Individuen unterschiedliche Inhalte zuspielen? Auf welcher gemeinsamen Wissensbasis findet der demokratische Diskurs dann überhaupt nochstatt?


Seit 2009, seit ich im Bundestag bin, beschäftige ich mich mit den Auswirkungen, wenn Suchmaschinen, KI-basierte Chatbots, Sprachassistenten und soziale Netzwerke die relevanten Informations- und Wissensvermittler sind. In verschiedensten Ausschüssen und EnqueteKommissionen – Petra Sitte hat es gesagt – haben wir uns mit Echokammern, Social Bots, Desinformation und fragmentierter Öffentlichkeit befasst.


(Beatrix von Storch [AfD]: Was ist denn mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk?)

Aber für eine Regulierung hat sich lange niemand ins Zeug gelegt. Nun zeigt auch der TAB-Bericht, dass personalisierte Ausspielung von Inhalten die Gefahr der Manipulation birgt. Zudem braucht es für den öffentlichen Diskurs verlässliche Informationen von Qualitätsmedien wie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk


(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])


und eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Meinungen und Positionen. Und obwohl es im Netz unendlich viele Angebote gibt, stellen wir gleichzeitig einen Verlust an Meinungsvielfalt und eine Polarisierung fest. Nun gibt es endlich im Medienstaatsvertrag und im Digital Services Act Regelungen für mehr Transparenz sowie Mechanismen, um Medien- und Meinungsvielfalt im Netz zu sichern. Das ist gut – ob es reicht, das werden wir sehen. Ich hätte mir beim DSA mehr Konsequenzen, zum Beispiel beim Verbot von Microtargeting, gewünscht. Auch der TAB-Bericht sieht weiteren Handlungsbedarf wie mehr Monitoring, Anreizsysteme für Vielfalt und neutrale Angebote sowie die Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Vor allem fehlt uns die Datenlage.


Daher ist die Verpflichtung der Plattformen im DSA, zukünftig einen Datenzugang für Wissenschaft und Forschung bereitzustellen, überfällig. Trotzdem hat Twitter jetzt API-Zugänge und Werbebibliotheken gestoppt. Deshalb waren im Digitalausschuss die Zweifel groß, ob Twitter die Gesetze einhält. Zentral ist daher eine starke Aufsicht.


Vizepräsidentin Aydan Özoğuz: Kommen Sie bitte zum Schluss.

Der digitale Koordinator muss jetzt eingerichtet werden, damit Gesetze durchgesetzt und gegebenenfalls
nachgeschärft werden. In einer vielfältigeren digitalen Welt kann dann die Union auch auf bessere Bewertungen ihrer Digitalpolitik stoßen.


(Lars Rohwer [CDU/CSU]: Wir werden demnächst ja hören, wie Ihre Digitalpolitik zu bewerten ist!)

Vielen Dank.

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