v. l. n. r.: Dirk Freytag, Tabea Rößner & Carsten Rasner auf dem BVDW Neujahrsempfang, 19.01.2023 Foto: ©Svea Pietschmann

Jahresempfang des Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.

Als Parlamentsvertreterin durfte ich beim Neujahresempfang des Bundesverbands Digitaler Wirtschaft (BVDW) eine Keynote halten. Ein guter Einstieg, denn wer den digitalen Aufbruch will, der kommt nicht umher Digitalisierung und Klimaschutz zusammen zu denken.

Tabea Rößner während ihrer Keynote auf dem Neujahrsempfang des BVDW Foto: ©Svea Pietschmann

Hier meine vollständige Rede (es gilt das gesprochene Wort):

Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine Freude, nach der Regierung als Parlaments­vertreterin hier sprechen zu dürfen und einen kurzen Rückblick, vor allem aber auch einen Ausblick auf das neue Jahr zu geben – vielen Dank für die Einladung!

Beim BVDW war ich in den vergangenen Jahren öfters, zuletzt – wenn ich mich recht erinnere – im April 2022 bei einer Sitzung des „Ressorts Digitalpolitik“.

Ein solches Ressort haben wir ja jetzt in der Bundesregierung auch – und ich danke Herrn Staatssekretär Schnorr für die Einblicke.

Und zu diesem Ressort, das sich noch einen Minister mit dem Thema Verkehr teilen muss, haben wir aber einen richtigen Ausschuss, der nur für Digitales zuständig ist.

Aber im Ernst: Ich freue mich, aus dieser Sicht etwas zu berichten, wir haben ja nun das erste volles Jahr bestritten.

Die thematische Bandbreite ist groß, Digitalisierung ist ja ein Querschnittsthema. Deshalb hatten wir im vergangenen Jahr auch nicht nur Herrn Wissing im Ausschuss, sondern immer wieder auch das Wirtschafts und Innenministerium, Gesundheits- und Umweltministerium.

Es ging u.a. um die KI-Verordnung, um den – auch aus Nachhaltigkeitsgründen – schwer verständlichen Austausch der Konnektoren in der Telematik-Infrastruktur, sowie um den Dauerbrenner Gigabitausbau. In öffentlichen Anhörungen haben wir uns z.B. mit der Verschränkung von Klimaschutz und Digitalisierung beschäftigt, oder auch mit dem Thema digitale Identitäten, die diese ja zu den Hebelprojekten der Digitalstrategie gehören.

Der Digitalausschuss hat sich – seit seinen Anfängen im Anschluss an die Enquete Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ – zu einem Debattenort und nun zu einem vollwertigen Bundestagsausschuss mit eigenen Zuständigkeiten und Federführungen in dieser Legislaturperiode hin entwickelt.

Das ist ein Fortschritt: die Digitalpolitik kommt langsam in der Mitte des Bundestages an.

So schön es ist, einen vollwertigen Ausschuss zu haben, ist bei der digitalen Transformation unserer Gesellschaft noch ganz schön viel Luft nach oben. Schönes Beispiel dafür ist die immer gern genannte digitale Verwaltung.

Und in den Debatten zu den unterschiedlichen Themenfeldern gibt es auch verschiedene Akzente und Positionen dazu, wie wir Digitalisierung am besten vorantreiben können.

Das ist aber auch in einer Regierung völlig normal. Und es ist auch befruchtend, denn in der Ampel vereinen wir mit SPD, Grünen und FDP verschiedene Perspektiven, die uns auch helfen, alle Dimensionen eines Themas zu beleuchten.

Im Optimalfall unterstützen und ergänzen wir uns dabei gegenseitig, was der eine noch nicht auf dem Schirm hatte, bearbeitet die andere schon lange. Das ist eine Bereicherung, wie ich finde.

Konsens ist ja, dass wir die Genehmigungsverfahren verein­fachen und beschleunigen wollen. Der Tatendrang der Unternehmen und der Menschen darf nicht länger an lang­wierigen bürokratischen Prozessen scheitern oder zumin­dest verzögert werden.

Was wir für die Erneuerbaren im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht haben, wird in diesem Jahr erste Erfolge zeigen. Und in diesem Jahr wollen wir auch beim Netzausbau eine Schippe drauflegen.

Das gilt sowohl für das intelligente Stromnetz, das ja für eine funktionierende Wirtschaft Voraussetzung ist, als auch für die TK-Netze, deren Ausbau zum Glück so schnell wie noch nie voranschreitet, die aber leider immer noch nicht alle Kommunen und Landkreise komplett abdecken. Deshalb müssen wir die weißen Flecken möglichst schnell schließen und gerade dort die Glasfaser ausbauen, die ja die nachhaltigste Übertragungs­technologie ist.

Große Einigkeit herrscht auch beim Thema Verwaltungs­digitalisierung. Hier müssen wir die Entwicklung der OZG-Leistungen, aber auch deren Roll-Out in Ländern und Kom­munen weiter beschleunigen.

Wir hatten gestern im Ausschuss einen Bericht zum EfA-Projekt Breitbandportal aus RLP und Hessen, hier hat sich in den vergangenen Monaten viel getan, das freut mich sehr.

Der Breitbandausbau, aber auch die Verwaltungsdigitalisierung betreffen fast immer alle staatlichen Ebenen in diesem Land und sind daher eine echte föderale Herausforderung, der wir uns gemeinsam mit den Ländern und den Kommunen stellen – wo es aber auch immer noch viel Überzeugungsarbeit erfordert. Dazu lade ich Sie gerne ein, daran mit zu wirken.

Ein weiteres Thema, das uns in diesem Jahr beschäftigt, ist die Plattformregulierung. Nachdem DMA und DSA auf EU-Ebene ausverhandelt sind, geht es nun um die Umsetzung. Wir haben schon ein im EU-Vergleich sehr aktives Kartellamt, das auch unter dem DMA weiterhin den Wettbewerb in der digitalen Wirtschaft im Blick haben wird.

Daneben brauchen wir schleunigst einen starken nationalen Koordinator für den DSA, der vollständig unabhängig ist, gut ausgestattet, der die Zivilgesellschaft mit ins Boot holt und der zudem die Zusammenarbeit der unterschiedlichen zuständigen Behörden gut strukturiert. Das ist eine enorme Heraus­forderung, das auf einen guten und rechtssicheren Weg zu bringen – und ist auch für Sie wichtig, damit Sie später wissen, mit wem Sie es zu tun haben und wer Ihr Ansprechpartner ist.

Daneben beschäftigen uns auch zahlreiche Gesetze, die noch auf EU-Ebene verhandelt werden, zum Beispiel der Data Act, in dessen Rahmen sich die Bundesregierung dafür einsetzt, dass die Definitionen klarer gestaltet werden.

Mit dem Dateninstitut geht dieses Jahr ein neuer Akteur an den Start, der Wirtschaft und Gesellschaft dabei unterstützen soll, die Daten besser zu nutzen. Es geht ja darum Innovations­formen zu schaffen, die im Einklang mit dem Datenschutz stehen, aber eben auch die neuen, datenbasierten Einsichten nutzen, um zur Lösung der großem Herausforderungen, vor denen wir stehen, beizutragen.

Das gleiche gilt für die KI-Verordnung, die in diesem Jahr auf EU-Ebene in die heiße Verhandlungsphase geht: Wir wollen Innovation vorausschauend ermöglichen, wir wollen, dass sich in Europa innovative Unternehmen gründen und niederlassen, neue Produkte entwickeln und auf den Markt bringen. Eine EU-weite Regelung stärkt den Binnenmarkt und ermöglicht grenzüber­schreitende Innovation nach gleichen Maßstäben.

Und auch hier gilt: Die Risiken, was z.B. Diskriminierung oder Überwachung angeht, denken wir bei der Regulierung von Anfang an mit. Das ist in einigen Jahren dann ein Wettbewerbsvorteil, wenn wir bei KI für alle Produkte auf Basis der Grundrechte entwickeln. Oder ein Exportschlager, wie die DSGVO es ja inzwischen auch geworden ist.

Wie wir die Digitalisierung und den Klimaschutz insgesamt stärker verzahnen können – das beschäftigt inzwischen viele, und ich setze große Hoffnungen in die nächsten Jahre, denn in diesem Bereich haben wir nun angefangen, uns strukturell Gedanken zu machen. Im Moment werden diese beiden großen Aufgaben noch zu selten zusammengedacht.

Der Rechtsrahmen für die Telekommunikationsnetze, aber auch für die Plattformen hat sich bisher weitgehend unabhängig von der Klimaschutz- und Umweltgesetzgebung entwickelt. Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende ermöglichen wir hoffentlich bald Smart Grids, der Entwurf für ein Energieeffizienzgesetz hat zudem Regelungen für klimaneutrale Rechenzentren. Das Energienetz zu modernisieren und die Energieeffizienz auch der digitalen Infrastrukturen zu erhöhen, ist unser Ziel.

Vor kurzem gab es die Meldung, dass ein großer Anbieter in einem Pilotprojekt eine Mobilfunkanlage mit erneuerbaren Energien versorgt. Das ist gut und ein erster Schritt! Es zeigt aber: Auch hier gibt es Aufholbedarf.

Ich höre immer wieder, dass in den meisten Infra­struktur- und Digitalisierungsprojekten bisher wenig vergleich­bare Daten über die Energie-, Ressourcen- oder andere Verbräuche erhoben werden. Das muss sich ändern, und ich hoffe Sie können dabei mit Ihrer Expertise mitwirken, sodass wir hier schneller zu einer besseren Datengrundlage kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, 2021 war hart. Dem russi­schen Angriffskrieg auf die Ukraine begegnen Bundesregierung und Bundestag, die Unternehmen und die Menschen weiterhin mit viel Solidarität und konkreter Unterstützung.

Sie als BVDW hatten ja im März dazu aufgerufen, dass Medien­häuser ihre Paywalls für Menschen aus der Ukraine deaktivie­ren  – ein grundrechtsschonendes Mittel, wie ich finde, um den Desinformationskampagnen etwas entgegen­zusetzen und das Informationsbedürfnis der Menschen zu stillen.

Auch das BMDV hat vergangenes Jahr ein Projekt gestartet, um die Ukraine dabei zu unterstützen, ihre digitale Verwaltung noch weiter zu verbessern. Offensichtlich gibt es in der ukrainischen Verwaltung schon viele Open Source Anwendungen, die noch besser dokumentiert und dann exportiert werden können. Das hört sich so an, als könnten wir noch einiges lernen.

Wir haben viele Baustellen übernommen in der Digitalpolitik. Aber wir wollen den Digitalen Aufbruch – und dieses Jahr wollen wir zu einem Jahr der Umsetzung machen. Ich freue mich auf ihre Einblicke, Einschätzungen, auf den weiteren Austausch und auf die weitere Zusammenarbeit.

Vielen Dank!

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