Rede zur Enquête-Kommission Künstliche Intelligenz am 20.12.2019

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Auch von meiner Seite erst einmal ganz herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen, die Sachverständigen und vor allen Dingen an das Sekretariat für die Zusammenarbeit insbesondere in der Projektgruppe „KI und Staat“. An der einen oder anderen Stelle hätten wir uns aber vielleicht eine kooperativere Zusammenarbeit gewünscht. Es ist sicher für alle Beteiligten nicht besonders hilfreich, wenn kurz vor der Deadline für den Zwischenbericht zig Änderungsanträge mit zum Teil weitreichenden Änderungen eingehen. Ich denke auch, dass der Umgang miteinander in der Projektgruppe „KI und Staat“ für die Vorsitzende nicht immer ganz leicht war. Ich würde mich daher freuen, wenn wir in der zukünftigen Arbeit noch stärker an einem Strang ziehen würden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Mario Brandenburg (Südpfalz) (FDP))

Beim Einsatz von KI in der Hoheit des Staates ist die Wahrung derGrundrechte ja das zentrale Thema – Dieter Janecek hat eben schon auf Chinaverwiesen; Kollege Sauer, es reicht nicht, nur Transparenz herzustellen -,gerade in so sensiblen Bereichen wie Gesichtserkennung oder Videoüberwachung anöffentlichen Plätzen, bei Predictive Policing, also der Vorhersage vonStraftaten, oder eben auch beim Einsatz von tödlichen autonomen Waffen. Daherhätten wir uns im Zwischenbericht ein deutlicheres und konsequenteresBekenntnis zur Ächtung von tödlichen automatischen Waffen gewünscht oder auchklare verfassungsrechtliche Vorgaben bei Überwachung und innerer Sicherheit. Dawäre sicherlich einiges mehr drin gewesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Nun hat die zweite Arbeitsphase begonnen, in der wir uns zumBeispiel in der Projektgruppe „Kl und Medien“ mit der Frage beschäftigen, wiekünstliche Intelligenz den freien Meinungsbildungsprozess bestimmt. Das sindsehr komplexe Fragestellungen. Da gibt es schon unter den Sachverständigenunterschiedliche Auffassungen darüber, ob es Social Bots überhaupt gibt und wieman diese gegebenenfalls regulieren muss. Da müssen wir uns fokussieren, undzwar auf Kl-Anwendungen, die bereits heute oder in Zukunft angewendet werdenund einerseits einen konkreten Nutzen für die Menschen bringen, andererseitsaber eben auch Risiken für den Meinungsbildungsprozess und damit für unsereDemokratie bergen; die müssen dann aber auch reguliert werden. Für dieRegulierung – daran müssen wir die eine oder den anderen vielleicht noch einmalerinnern – sind eben wir als Gesetzgeber zuständig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Zusammenfassungen der ersten Zwischenberichte sind jetzt onlineabrufbar, und wir freuen uns natürlich auf die Debatte mit der interessiertenÖffentlichkeit. Es nagt an mir aber schon die Frage: Was passiert denn jetzteigentlich mit den ganzen Ergebnissen? Der Bericht der Enquete-Kommission „Internetund digitale Gesellschaft“ aus der 17. Wahlperiode ist damals nämlichdirekt in der Schublade verschwunden, und die Handlungsempfehlungen, die damalsinterfraktionell im Konsens erarbeitet und beschlossen wurden, werden bis heutegeflissentlich ignoriert. Von Öffentlichkeit und Transparenz derAusschusssitzungen bis zu Green IT: Wir warten immer noch auf ihre Umsetzung.

Ich will es einmal unverblümt sagen: Wenn die Empfehlungen einerEnquete-Kommission nicht in Gänze veröffentlicht und mit der Öffentlichkeitdiskutiert, geschweige denn umgesetzt werden, dann ist diese ganzeVeranstaltung doch nur eine Fortbildungsmaßnahme für Abgeordnete; und das kannnicht der Sinn der Sache sein.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – René Röspel (SPD): Wann machen die Grünen mal wieder öffentliche Fraktionssitzungen? Das war doch früher mal so!)

Ein kurzer Hinweis zu dem Einwurf des Kollegen René Röspel am Ende meiner Rede (siehe oben): Ich sprach von der Empfehlung der Enquête-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft zur Transparenz der Ausschusssitzungen, auf die sich Mitglieder aller Fraktionen in der 17. Wahlperiode im Konsens geeinigt haben. Die Ausschusssitzungen sind bis heute grundsätzlich nicht öffentlich, eine Beantragung auf Öffentlichkeit von einer der Oppositionsfraktionen wird in den meisten Fällen von den Regierungsfraktionen mit ihrer Stimmenmehrheit abgelehnt. Zudem gibt es einen Unterschied zwischen der Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen und der Öffentlichkeit von Fraktionssitzungen: Im Ausschuss beraten die Abgeordneten gemeinsam über parlamentarische Vorlagen und tauschen Argumente für und gegen die Beschließung aus. Dies ist von großem Interesse für die Bevölkerung, die von den Abgeordneten im Bundestag vertreten wird. In Fraktionssitzungen besprechen die Fraktionen intern ihr Vorgehen. Keine der heute im Bundestag vertretenen Fraktionen hält ihre Fraktionssitzungen öffentlich ab oder hat dies gefordert. Auch die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN tagt mit ihren Fraktionssitzungen seit gut 30 Jahren (nach den „wilden“ Anfangsjahren) intern. Aktuell tagt unsere Fraktion im kleinsten Fraktionssaal im Bundestag, er ist so klein, dass wegen der Brandschutzbedingungen nicht einmal alle interessierten oder für Beratungen relevanten Mitarbeiter*innen an den Sitzungen teilnehmen können.

      

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