Zum Verzehr nicht geeignet

Eine zweiwöchige Delegationsreise führte mich im vergangenen Jahr in das südliche Afrika – nach Botswana, Namibia und Südafrika. Ein ausführlicher Bericht über die Reise ist hier nachzulesen. Damals trafen wir in Johannesburg Aktivisten der Bench Marks Foundation. Die Non-Profit Organisation der Kirchen Südafrikas ist auf dem Gebiet der Corporate Social Responsibility, also der sozialen Verantwortung von Unternehmen, tätig (www.bench-marks.org.za).

Bei einem Ortstermin in der Nähe des großen Fußballstadions, wo auch die Weltmeisterschaft 2010 ausgetragen wurde, in Nachbarschaft eines Wohngebiets und in einiger Entfernung zum großen Township Soweto zeigte uns David van Wyk von der Bench Marks Foundation, wie verunreinigt das Wasser dort ist. Die Verunreinigungen kommen von den Goldminen. Die meisten dieser Minen sind zwar stillgelegt, die großen Hügel sind aber nicht abgedeckt, weshalb durch Wind und Wasser Erde und Staub abgetragen werden und so Schwermetalle in Bäche, Flüsse und letztlich ins Grundwasser gelangen. Das ist der Grund, warum Johannesburg mit Wasser aus dem 300 km entfernten Lesotho versorgt wird.

Die Regierung müsste die Minenbetreiber zur Verantwortung ziehen. Diese haben sich aber aus dem Staub gemacht und die nicht mehr so lukrativen Minen an kleine Unternehmen weiterverkauft, die jedoch nicht über die nötigen Mittel für Maßnahmen zum Schutz der Umwelt verfügen und die Minen einfach sich selbst überlassen. In meinen Augen ist das ein riesengroßer Umweltskandal, denn das verunreinigte Wasser, das aus den Goldminen Schwermetalle und radioaktive Stoffe wäscht, belastet die Umwelt in großem Maße. Das Wasser fließt geradewegs nach Soweto. Viele Menschen in der Nachbarschaft erkranken, auch wenn die Ursachen nur schwer nachzuweisen sind. Die Tatsache, dass viele Menschen dieses Wasser nutzen, ließ mich nicht los. Und weil die Anwohner mir eine Wasserprobe in die Hand drückten, nahm ich etwas Wasser mit zurück nach Berlin und ließ es untersuchen.

 

DSCN0684Das Wasser wurde einem kleinen Kanal am Hang einer stillgelegten Mine in unmittelbarer Nähe der Soccer City[1] entnommen. Das Wasser fließt von diesem Kanal nach Soweto[2].

Ich wollte wissen, wie schädlich es ist, dieses Wasser zu trinken oder darin zu baden oder Wäsche zu waschen. Welche gesundheitlichen Auswirkungen kann es haben, dauerhaft mit diesem Wasser in Kontakt zu sein? Leider konnte ich das Wasser nicht auf Quecksilber untersuchen lassen, da die mitgebrachte Wassermenge zu gering für diese Untersuchung war. Die Analyse gab ich bei den Berliner Wasserbetrieben in Auftrag. Die Ergebnisse sind alarmierend.

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Messwerte der Trinkwasseruntersuchung durch die Berliner Wasserbetriebe

Nach einer Wasseranalyse durch das Labor der Berliner Wasserbetriebe half mir das Umweltbundesamt (UBA), die Laborergebnisse zu interpretieren:

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Nach einer Wasseranalayse durch das Labor der Berliner Wasserbetriebe half mit das Umweltbundesamt (UBA), die Laborergebnisse zu interpretieren:

Auffällig hoch sind insbesondere die Werte von Aluminium, Mangan, Eisen, Nickel, Arsen, Strontium und Uran. Die durch natürliches Uran in der genannten Konzentration verursachte Strahlungsdosis liegt über dem „Guidancelevel“ der WHO, d. h. dass Schädigungen durch die radioaktive Strahlung verursacht werden können. Bei einer Urankonzentration von 120 µg/l stehen die nierentoxischen Eigenschaften von Uran unabhängig von seiner Radioaktivität im Vordergrund (WHO, 2011).

Weiter heißt es in der Bewertung des UBA:

„Das von Ihnen zur Analyse gebrachte Wasser ist nicht für den menschlichen Verzehr geeignet. Aufgrund der hohen Belastung mit Eisen und Mangan ist aus geschmacklichen Gründen aber auch nicht davon auszugehen, dass das Wasser zum Verzehr verwendet wird. Aus gesundheitlicher Sicht sind Eisenkonzentrationen von 3 mg/l für Erwachsene über einen Zeitraum von maximal 10 Jahre tolerabel, eine geschmackliche Beeinträchtigung kann dagegen schon ab einer Eisenkonzentration von 0,3 mg/l auftreten (WHO, 2011, BMG/UBA, 2013). Ähnlich verhält sich die Sachlage bei Mangan, während eine Konzentration von 1,0 mg/l gesundheitlich noch tolerabel ist, liegt die Geschmacksschwelle bei 0,1 mg/l. Die Konzentrationen von 200 mg/l für Eisen und 7,4 mg/l für Mangan machen das Wasser unabhängig von möglichen gesundheitlichen Folgen aus geschmacklicher Sicht völlig inakzeptabel, ein derartiges Wasser wird, außer in besonderen Notfällen, niemand freiwillig verwenden. Gerade bei Eisen ist die geschmackliche Beeinträchtigung so stark, dass die World Health Organization (WHO) davon absieht, einen gesundheitlich begründeten Leitwert für Eisen festzulegen (WHO, 2011). Eine zusätzliche geschmackliche Beeinträchtigung kann durch die in der Probe vorhandenen Anionen ausgehen. Diese sind zwar nicht spezifiziert, es kann aber vermutet werden, dass das Wasser sowohl Chlorid als auch Sulfat enthält. Beides trägt zu einer weiteren geschmacklichen Verschlechterung bei (WHO, 2011). Aufgrund der Gesamtsumme der im Wasser vorhandenen Kationen wäre es zudem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Wasser insgesamt elektrisch neutral sein muss, möglich, dass im Wasser so viel Sulfat (1.000 +  mg/l) enthalten ist, dass es zu Durchfall kommen kann. Sowohl durch Aluminium als auch durch Mangan kann es bei chronischem Konsum des vorliegenden Wassers zu Beeinträchtigungen des Nervensystems kommen, dagegen ist durch Arsen am ehesten mit Hautveränderungen wie Pigmentierungsstörungen zu rechnen (ATSDR, 2008 und 2012b; WHO, 2011).“

Weiter sagt das UBA, dass sowohl Eisen als auch Mangan in den angegebenen Konzentrationen zu Verfärbungen führten, deshalb sei das Wasser auch zum Wäschewaschen nicht geeignet. Eine gesundheitliche Gefährdung durch Baden bzw. Duschen erscheine aber unwahrscheinlich, eine allergische Reaktion auf Nickel sei jedoch bei empfindlichen Personen nicht auszuschließen. Die aufgeführten Metalle gelangten nur in geringen bis sehr geringen Menge durch die Haut in den Körper (ATSDR, 2004, 2007, 2008, 2012a, 2012b, 2013). Akut toxische Effekte seien nicht zu erwarten, dazu seien die Schwermetallkonzentrationen zu gering. Chronische Effekte seien in den gefundenen Konzentrationen von Calcium, Kalium, Strontium und Zink nicht zu erwarten. Bei Chrom sind toxische Effekte stark von der Oxidationsstufe abhängig. Im Gegensatz zu dreiwertigem Chrom bestehe bei sechswertigem Chrom die Gefahr der Kanzerogenese. Über die Oxidationsstufe von Chrom lägen aber keine Informationen vor, da dies nicht Teil einer Analyse gemäß Trinkwasserverordnung sei. Deshalb sei eine Einschätzung hierzu spekulativ.

Diese Angaben klingen nicht gerade beruhigend. Auch wenn die Analyse kein direktes durch das Wasser verursachtes Krankheitsbild aufzeigt, so wird doch deutlich, dass das Wasser stark verunreinigt ist und gesundheitliche Risiken damit verbunden sind. Es ist aber vor allem ein Skandal, dass von offizieller Seite weggeschaut wird, und es hier ein weiteres Mal die ärmere Bevölkerung trifft.

 

Weitere Infos zu den Goldminen der Gegend findet man hier: http://www.theguardian.com/cities/2015/jul/06/radioactive-city-how-johannesburgs-townships-are-paying-for-its-mining-past

 

 

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[1] Entnahmeort des Wassers: Nähe FNB Stadium, zwischen Johannesburg und Soweto: https://www.google.de/maps/place/FNB+Stadium%2FSoccer+City/@-26.2248922,27.9504582,14z/data=!4m2!3m1!1s0x1e95090d44757ecb:0x12892e9b33f65a14

[2] Soweto (offizieller Name für South Western Townships) ist ein Zusammenschluss zahlreicher Siedlungen im Südwesten der südafrikanischen Industriestadt Johannesburg. Soweto war zwischen 1983 und 2002 eine eigenständige Stadt, gehört aber seit 2002 zur Metropolgemeinde City of Johannesburg. Soweto gilt seit dem Aufstand in Soweto 1976 als Symbol des Widerstandes während der Apartheid.

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