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Aufruf an Vermieterinnen und Vermieter: Solidarität überall da, wo es möglich ist

Der Bundestag hat gestern mehrere Maßnahmen beschlossen, die unter anderem sofortige finanzielle Hilfen sowie einen Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter vorsehen. Für diesen Rettungsschirm im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie investiert die Bundesregierung mehrere hundert Milliarden Euro. Es ist gut und wichtig, dass sie diese Summe nun in die Hand nimmt, um den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden, den die Pandemie anrichtet, bestmöglich zu begrenzen. Viele Menschen haben im Moment kein Einkommen, und niemand sollte  in dieser Krise das Dach über dem Kopf verlieren oder mit seinem Unternehmen vor die Tür gesetzt werden, wenn eine Zahlungsunfähigkeit durch die Pandemie verursacht wurde und nicht selbstverschuldet ist.

Mit den Maßnahmen sind aber noch nicht alle Probleme gelöst. Vielmehr stehen wir vor einer Verschiebung des Problems: Der im Gesetzesentwurf festgehaltene Kündigungsschutz gilt zunächst nur von April bis Ende Juni 2020. Auch danach wird es für viele Menschen schwierig sein. Sie werden  Zeit brauchen, ihre Betriebe wieder aufzunehmen und finanziell wieder auf die Beine zu kommen. Das gilt umso mehr, wenn sie sich mit einem riesigen, abzuzahlenden Berg an Schulden konfrontiert sehen.

Viele kleine Geschäfte wie Buchhandlungen und Plattenläden tragen in hohem Maße zur kulturellen Vielfalt einer Stadt bei. Die meisten von ihnen, die auch unter die Definition ebensolcher Kleinstbetriebe fallen, hatten möglicherweise schon vor Ausbruch der Pandemie um ihre Existenz zu kämpfen. Die Sorge um zunehmende Gentrifizierung und die Verdrängung von kleinen Betrieben aus den Innenstadtbereichen hat uns bereits vor dem Coronavirus umgetrieben, auch und gerade in Mainz. Die aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung beschränken sich nun auf Zahlungsunfähigkeit, die erst aufgrund der Pandemie entsteht. Das ist verständlich in Anbetracht der Summen, die dafür aufgebracht und investiert werden müssen. Ein besonnenes Haushalten ist aktuell wichtig, um die begrenzten finanziellen Mittel auf die vielen verschiedenen Bereiche zu verteilen, in denen sie benötigt werden. Mieter, gewerblich oder nicht, die bereits vorher in die Insolvenz abzurutschen drohten, können jedoch durch diesen Hilfsschirm möglicherweise nicht dauerhaft aufgefangen werden und viele drohen trotz der Regierungsmaßnahmen durch das Raster zu rutschen. Diese Maßnahmen geben uns bestenfalls eine Atempause. Wir müssen jedoch auch langfristige Lösungen finden damit Mittelstand und Innenstädte nicht völlig ausbluten.

Wie vielerorts gilt es auch hier, die Verantwortung zur Bewältigung der Krise nicht allein auf die Regierung abzuwälzen, sondern um sich zu schauen und darüber nachzudenken, was ein jeder selbst tun kann: Vermieterinnen und Vermieter, die in der finanziellen Lage dazu sind, können in einem Akt der Solidarität freiwillig über Mietminderungen nachdenken. Natürlich ist das nicht immer möglich: Einige sind selbst auf die Mietzahlungen angewiesen, um beispielweise Darlehen zurückzuzahlen. Was jedoch Jeder und Jede leisten kann: Auf die Mieterinnen und Mieter zugehen, mit ihnen in den Dialog treten und so weit wie möglich flexibel und mit Augenmaß agieren.

Leider finden sich auch Beispiele dafür, wie gerade nicht gehandelt werden sollte. Die mittlerweile wieder verworfene zuletzt angekündigte Mieterhöhung der Wohnbau Mainz markiert ein solches Negativbeispiel. Auch von anderen Vermietern habe ich gehört, dass sie bereits Mieterhöhungen angekündigt haben.

Dabei ist für den Vermieter selbst sogar das gegenteilige Verhalten vorteilhaft: reduziert er die Miete um mindestens 20%, können die nichtausgeschöpften Zuschüsse auch für weitere zwei Monate in Anspruch genommen und die Miete so zuverlässig bezahlt werden.

Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, niemanden zu vergessen. Es gilt, wachen Auges seine Umgebung wahrzunehmen und zu sondieren, wo die eigenen Möglichkeiten liegen. Die Verantwortung dazu liegt bei jeder und jedem Einzelnen von uns. Ich möchte daher an alle Vermieterinnen und Vermieter appellieren. Nur gemeinsam können wir diese historische Herausforderung bewältigen!

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