Nachts auf Streife – MdB Tabea Rößner begleitet ein Polizeiteam bei ihrer Schicht

Wie sicher ist Mainz bei Nacht? Wie ist die besondere Lage bei einem Heimspiel von Mainz 05? Und wer sorgt für unsere Sicherheit? Schon lange hegte ich den Wunsch, in meiner Heimatstadt auf Nachtstreife zu gehen, nachdem ich im Rahmen eines Stipendiums vor 10 Jahren die Gelegenheit in Boston (USA) dazu hatte. Nun durfte ich ein Team der Polizeiinspektion I begleiten.

Freitagabend, 20 Uhr. Die Nachtschicht unter ,Leitung von Polizeioberkommissar Lauck hat den Dienst angetreten. Nach einer kurzen Lagebesprechung kommt gleich der erste Einsatz – zu einem Flüchtlingsheim in Weisenau. Im früheren Casino der Alten Portland hatte die Stadt gerade erst eine Notunterkunft eingerichtet. Notdürftig sind winzige Räume mit Betten, Spinten und Tüchern abgetrennt. Die rund hundert Flüchtlinge waren vor kurzem erst angekommen, darunter viele Kinder. Drei Männer hatten gegen die Hausordnung verstoßen und in der Halle geraucht und getrunken. Die Betreuerin des Malteser Hilfsdienstes wollte das unterbinden, war aber beschimpft und bedroht worden, so dass sie sich gezwungen sah, zur Durchsetzung des Hausrechtes die Polizei zu rufen. Drei Polizeiteams machten sich auf zur Portland, verschafften sich vor Ort schnell einen Überblick und geleiteten die Männer aus der Halle. Das anschließende Gespräch erwies sich als schwierig, trotz der Hilfe eines Farsi-sprechenden ehrenamtlichen Helfers. Die Polizistin, die das Gespräch führte, bewies große Geduld, war freundlich und zugleich bestimmt. Trotzdem zeigten sich die Männer erstmal wenig einsichtig, blieben dann aber zum Rauchen vor der Tür. Es ist schon beachtlich, wieviel Sozialarbeit die Polizeikräfte bei diesen Einsätzen leisten . Letztlich sind ihnen aber die Hände gebunden, denn mehr als mit einem schlichtenden Gespräch oder einer Machtdemonstration durch ihre Anwesenheit können sie bei dieser Art von Konflikten nicht ausrichten.

Nach diesem Einsatz ging es direkt ins Stadion zum Spiel der 05er gegen Mönchengladbach. Die Busse der angereisten Fans stehen ordentlich aufgereiht im sogenannten Käfig. Dies soll ein Aufeinandertreffen von Fans der gegnerischen Mannschaften nach dem Spiel verhindern. Durch ein Gänge-Labyrinth geht es in einen Raum mit Blick auf Spielfeld und Fanblocks. An Bildschirmen sitzen Beamte und beobachten die Fanszene. Hochauflösende Kameras geben ihnen gute Bilder. Das Fußballspiel war an diesem Freitagabend ein besonderes, denn nach dem tödlichen Verkehrsunfall eines Ultras hatte der Verein das Stadionverbot aufgehoben, und die Ultras erinnerten an ihren Freund – auch mit dem Zünden eines bengalischen Feuers, was im Stadion verboten ist. Und das ging ganz schnell. Aus der Menge tauchte plötzlich ein Ultra mit tief gezogener Kapuze auf, das Feuer brannte bereits. Kaum war der Bengalo abgebrannt, verschwand der Ultra wieder in der Menge. Da konnten die Sicherheitskräfte nur zusehen.

In einem Nebenraum fand die Halbzeitbesprechung statt, die von der Leiterin der Polizeiinspektion 1, Anja Rakowksi, geleitet wurde. In voller Montur standen rund 30 Teamleiter im Kreis und besprachen die bisherigen Vorkommnisse – es war weitgehend ruhig – und die zu erwartende Lage nach dem Spiel, wenn sich die Fans beider Clubs auf den Heimweg begeben würden. Das letzte Mal, als die Gladbacher in Mainz spielten, waren die Ultras an einer abgelegenen Stelle aufeinander getroffen und hatten sich ordentlich geprügelt. Dem wollte die Polizei vorbeugen. Der Einsatz für die Sicherheitskräfte wirkte routiniert, die Teams auf einander eingespielt.

Zurück ging es vor Spielende ins Präsidium. Im Aufenthaltsraum war ein Kommen und Gehen, und so kam ich mit vielen Beamtinnen und Beamten ins Gespräch. Inzwischen werden alle Polizeikräfte an der Fachhochschule ausgebildet. Eines war auffällig: Zur Polizei zu gehen, war für die meisten bereits ein Kindheitstraum. Alle verband der Idealismus, sich in den Dienst des Staates zu stellen, auch wenn der Beruf Gefahren und verhältnismäßig geringe Vergütung bedeutet. Diese Einstellung der überwiegend jungen Beamtinnen und Beamten hat mich sehr beeindruckt.

Während der Streifenfahrt hatte ich zudem spannende Diskussionen darüber, wie stark Grundrechte eingeschränkt werden dürfen, um Sicherheit zu gewährleisten. Der junge Polizist hatte sich extra gemeldet, mich zu betreuen, weil er gesehen hatte, dass ich mich gegen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hatte.

Plötzlich bricht das Gespräch ab, das Blaulicht ist eingeschaltet, und in einem Affenzahn – so schnell war ich Mainz noch nie unterwegs – geht’s Richtung Bleichenviertel. Eine Schlägerei ist gemeldet. Durch das Fußballspiel ist die Lage insgesamt etwas angespannt. Doch als wir das Viertel erreichen, ist von einer Schlägerei nichts mehr zu sehen. Die Personalien einiger kleiner Grüppchen von jungen Leuten werden überprüft, ohne Auffälligkeiten.

Ein Einsatz in der Wormser Straße dagegen ging für einen jungen Mann nicht so glimpflich aus. Die Polizei war gerufen worden, weil eine Person auf dem Bürgersteig lag. An genannter Stelle befand sich aber niemand, gegenüber an einer Bushaltestelle hielten sich aber zwei junge Männer auf, die nicht ganz nüchtern schienen. Gespräche mit ihnen waren mühsam, es dauerte ewig, bis die Personalien festgestellt werden konnten. Neben zwei Streifenwagen stand plötzlich ein Zivilwagen der Kripo da, einer der beiden war ihnen bereits bekannt. Plötzlich kam es zu einem Handgemenge, und ehe ich mich versah, lag der junge Mann am Boden und wurde am Ende mitgenommen. Ich habe mich gefragt, wie es dazu kam und ob man diese Eskalation nicht hätte vermeiden können.

Die restliche Zeit machte die Nachtstreife Touren durch die Stadt, entlang der Clubs in der Innenstadt. Da kann sich so eine Schicht ganz schön hinziehen. Für mich war es eine erlebnisreiche Nacht, und ich danke der Dienstgruppe ganz herzlich für die freundliche Mitnahme und Betreuung, für den Einblick in den Berufsalltag, der für die BeamtInnen und ihre Familien mit dem Schichtbetrieb nicht immer ganz einfach ist, sowie für die bereitwilligen Antworten auf meine vielen Fragen! Mich hat die Freundlichkeit und Geduld der Beamtinnen und Beamten beeindruckt und ich habe großen Respekt vor ihrer Arbeit. Vielen Dank!

 

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  1. Ursula Zwanzger

    Was Du, liebe Tabea so alles machst! Du hast so lebendig davon berichtet, sodass wir Leser alle etwas davon hatten. Ich achte die Arbeit unserer Polizei auch sehr, wurde nochmals bestätigt Vielen Dank!

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