Frontalangriff auf die Pressefreiheit

Anlässlich der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Netzpolitik.org wegen des Verdachts des Landesverrats sagt Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin:

Es ist gefährlich, wenn mit der Strafanzeige versucht wird, kritische Journalisten einzuschüchtern. Die letzte Anklage eines Journalisten wegen Landesverrats fand 1965 im Rahmen der „Spiegel-Affäre“ statt und führte dazu, dass das BVerfG an die besondere Bedeutung der Pressefreiheit erinnern musste. Das erscheint angesichts des Sachverhalts aus dem Ruder geraten zu sein: Unsere Pressefreiheit ist obsolet, wenn journalistische Aufklärung auch und gerade über heikle Angelegenheiten bereits im Keim erstickt wird.

Auch wenn die Ermittlungen eingestellt werden sollten, kann dieser Vorgang jedenfalls als Versuch einer Einschüchterung von Journalisten gewertet werden. Sollte sich herausstellen, dass das Strafgesetzbuch dazu genutzt wird, kritische Geister mundtot zu machen, sollte man darüber nachdenken, ob es nötig ist, Journalisten aus der Strafbarkeit der Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen der §§ 94 ff StGB unter ganz bestimmten Voraussetzungen auszunehmen – so etwa, wie es auch bei der Beihilfe der Verletzung von Dienstgeheimnissen in § 335b, Abs. 3a StGB der Fall ist.

Vor dem Hintergrund der NSA-Affäre ist dieser Fall nun noch besonders zweifelhaft. Nahezu täglich werden wir Zeuge der Aufklärung des größten Überwachungsskandals aller Zeiten. Über zwei Jahre haben der 1. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss („PUA-NSA“) und ungezählte Veröffentlichungen durch Medien, das massenhafte, illegale Abhören normaler Bürger und des gesamten Politikbetriebs durch nationale und internationale Geheimdienste aufgeklärt. Juristisch ist trotz hinreichender Beweise seitdem schlicht gar nichts passiert. Der Generalbundesanwalt hat trotz zahlreicher Erkenntnisse die Ermittlungen nicht weiter vorangetrieben. Dass jetzt zwei Journalisten, die zu Überwachungsmaßnahmen berichten, wegen Landesverrats verfolgt werden, erscheint mindestens unverhältnismäßig und fragwürdig.

Auch der Whistleblowerschutz muss gestärkt werden. Wir fordern seit Jahren eine gesetzliche Änderung für den besseren Schutz von Hinweisgebern, die beispielsweise zum Bekanntwerden grober Verletzungen von Freiheits- und Grundrechten beitragen.

 

 

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