Hurra, eine Versteigerung!

Die Frequenzversteigerung: Geld, Hoffnung und verpasste Chancen

Bei dem Wort „Frequenzversteigerung“ wird vermutlich jedem Finanzminister ganz warm ums Herz. Unvergessen die Bieterschlacht in Mainz im Jahr 2000, als für die UMTS Frequenzen stolze 50,8 Mrd. Euro von den Unternehmen in die Staatskasse flossen. Aber das ist Vergangenheit. Die aktuelle Auktion hat mit 5, 1 Mrd. Euro gerade mal ein Zehntel erbracht.

Was bisher geschah

Das 700-MHz-Spektrum (690-790 MHz) wird frei. Bisher nutzten die öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunksender diese Frequenz sowie Nutzer von Funkmikrofonen, wie man sie auf Bühnen oder bei Veranstaltungen braucht. Die Fernsehsender wollen von DVB-T auf DVB-T2 umstellen. Das bringt Ersparnisse bei den Kosten für die Programmverbreitung. Außerdem können die Frequenzen effektiver genutzt werden. Das 700er-Band ist quasi das Filetstück der Frequenzen. Es ermöglicht gute Übertragungsgeschwindigkeiten bei einer hohen Reichweite. Es ist deshalb richtig und sinnvoll, wenn es zukünftig für das mobile Internet verwendet werden soll.

Bund und Länder haben sich Ende 2014 darauf geeinigt, die Frequenzen zu versteigern. Die Einnahmen werden zwischen Bund und Ländern geteilt. Von der Summe müssen aber noch die Kosten für die Auktion sowie die Entschädigung für die Funkmikrofonbetreiber abgezogen werden. Die Einnahmen aus der Frequenzversteigerung sollen komplett in den Breitbandausbau fließen (abzüglich der Kosten).

Die Kritik: 1. Der mangelnde Wettbewerb

Es gibt wenig auf dieser Welt, was alternativlos wäre. Das Auktionsdesign der Frequenzversteigerung war es definitiv nicht. Die Frequenzversteigerung ist von der Idee richtig, von der Ausgestaltung mangelhaft. Das Auktionsdesign verhinderte echten Wettbewerb und Innovationen in Deutschland. Zur Auktion traten nur die drei Mobilfunkanbieter Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica an. Es gab aber noch weitere Bewerber, die zum Bieterwettbewerb nicht zugelassen bzw. wegen des Designs gar nicht erst antraten: Airdata und Liquid Broadband. Beide Anbieter sind keine Mobilfunkunternehmen, sondern wollen laut Eigendarstellung mit innovativer Technik die Frequenzen nutzen, um lokale Netze (ähnlich wie W-Lan) mit großer Bandbreite und Reichweite anzubieten. Das Unternehmen Liquid Broadband hatte gegen das Auktionsdesign der Bundesnetzagentur im Vorfeld geklagt und verloren, die Klage des Konkurrenten Airdata läuft noch. Aber auch der zugelassene Mobilfunkanbieter Telefonica wird klagen, da er eine Wettbewerbsverzerrung sieht: Dass die eingenommenen Gelder für den Breitbandausbau genutzt werden sollen, sieht der Konzern kritisch – vor allem, da die staatlichen Zuschüsse zum größten Teil an die Deutsche Telekom gingen. So könne die Telekom problemlos hoch pokern, da ihr Geld über Umwege wieder zurückkäme.

Ohne Konkurrenz von Außerhalb durften nun die Telekom, Telefonica und Vodafone die Frequenzen untereinander aufteilen. Die Ergebnisse bestätigen unsere Befürchtungen: Die Anbieter teilen sich das 700er Band schön gerecht auf.
Die Bundesregierung serviert den Mobilfunkbetreibern das Filetstück im Frequenzbereich auf dem Silbertablett, ohne ausreichend an die Konsequenzen gedacht zu haben. Die Vorherrschaft der drei Mobilfunkunternehmen in Deutschland wird mit der Ausschreibung zementiert. Neue Technologien und Innovationen werden ausgebremst.

Wir, die Vertreter der grünen Bundestagsfraktion, hatten im Beirat der Bundesnetzagentur dafür plädiert, einen Teil der Frequenzen für neue Wettbewerber und Innovationen vorzubehalten. Dem wurde aber nicht zugestimmt. Natürlich brauchen wir die Frequenzen insbesondere des 700er Bandes für den Ausbau im ländlichen Raum. Aber wir brauchen keine Verfahrensklagen und Wettbewerbsminderung. Und was passiert, wenn Airdata oder Telefonica ihre Klagen gewinnen sollten? Wäre dann die Frequenzversteigerung ungültig? Diese Frage konnte uns auch die Bundesnetzagentur nicht beantworten.

Die Kritik: 2. Der Verbraucher zahlt’s

Bei der Frequenzversteigerung wurde von Seiten der Bundesregierung immer gerne so getan, als ob Geld vom Himmel fällt. Auf den ersten Blick erscheint auch alles wunderbar: Die Unternehmer zahlen viel Geld an den Bund, das mobile Internet wird ausgebaut, und das kann der Bund dann wieder investieren. Aber woher kommt das Geld denn eigentlich? Letztlich bezahlen wir alle die Versteigerung mit dem Betrag, den wir jeden Monat für den Handyvertrag bezahlen. Das ist auch in Ordnung so, aber niemand sollte so tun, als ob die Unternehmen einfach mal in die Portokasse greifen.

Ein weiteres Problem für die Verbraucher, das mir sehr wichtig ist, ist die Umstellung von DVB-T auf DVB-T2. Diese soll vereinzelt ab Mitte 2016 erfolgen. Richtig los geht es ab 2017, und bis 2019 soll die Umstellung abgeschlossen sein. Wer sich aber jetzt einen neuen Fernseher mit DVB-T Empfangsgerät kauft, wird dann noch mal in die Tasche greifen müssen. Denn derzeit gibt es kaum Fernseher auf dem Markt, die DVB-T2 mit der Kodierung HEVC/H.265 empfangen können. Die Mehrheit, die jetzt DVB-T empfängt, muss sich also eine neue Set-Top Box kaufen. Das sorgt für zusätzliche Kosten und jede Menge Elektroschrott, wenn die alten Empfänger weggeschmissen werden. Ich befürchte auch, dass die Akzeptanz für DVB-T2 dramatisch sinken wird, wenn man sich für wenig mehr auch gleich eine Satellitenschüssel kaufen könnte.

Die Kritik: 3. Unhaltbare Versprechen beim Breitbandausbau

Dobrindt sagt: Die Versteigerung bringt Geld und Frequenzen für den Breitbandausbau. Das stimmt, aber leider werden die Einnahmen den Ausbau nicht komplett finanzieren. Die Bundesregierung und allen voran der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt haben versprochen, dass es bis 2018 flächendeckend Internetzugänge von 50 Mbit/s geben wird. Dafür braucht es die Frequenzen, aber vor allem viel Geld. Bis zu 20 Milliarden soll der Ausbau kosten, hat der TÜV Rheinland einst für das Bundeswirtschaftsministerium ausgerechnet. Acht Milliarden haben nun die Telekommunikationsunternehmen zugesagt. Aber dort, wo es sich nicht rentiert, fehlen noch 12 Milliarden. Diese wurden nun auch durch die Versteigerung bei weitem nicht erreicht, zumal ja auch der Bund die Einnahmen teilen muss. Nebenbei: Ob dann die Mobilfunkunternehmen ihre ersteigerten Lizenzen ab 2019 wirklich flächendeckend nutzen können, steht noch in den Sternen. Unsere europäischen Nachbarn jedenfalls stellen nicht alle zeitgleich mit uns auf DVB-T2 um. Österreich beispielsweise hat seine Frequenzen an den Rundfunk bis 2023 vergeben. Ein paralleler Betrieb von DVB-T und mobilem Internet ist nicht möglich, die Störungen sind zu hoch. Es kann also gut sein, dass erst mal nur in Deutschlands Mitte die neuen Frequenzen genutzt werden können. Mit dem Mobilfunk alleine wird der Ausbau auch nicht gehen, denn dafür bräuchte es nicht nur die freien Frequenzen, sondern sehr, sehr viele Masten. Und dann fordert das Auktionsdesign nicht mal eine hundertprozentige Abdeckung von den Anbietern. Wie sollen dann aber bis 2018 alle Funklöcher getilgt werden, so wie es Bundesminister Dobrindt kürzlich großspurig ankündigte?

Fazit: Langfristig statt mittelfristig planen

Es ist heute noch nicht klar, ob die Bundesregierung ihr Ausbauziel verpasst. Es müssen ganz andere Hebel in Gang gesetzt werden. Das Ziel muss vor allem der Glasfaserausbau sein. Die Regulierung muss überarbeitet werden, so dass beispielsweise Open Access erleichtert wird. Die Vergabekriterien für die Breitbandförderung brauchen ein Update, damit nicht immer der Sieger im magentafarbenen Licht erstrahlt. Die Kommunen benötigen Unterstützung beim Glasfaserausbau. Denn das ist es, was dieses Land braucht, wenn es eine mittel- und langfristige Perspektive im Digitalen haben möchte: Glasfaser ist der Schlüssel zu hohen Bandbreiten, auch jenseits der oft gepriesenen 50 Mbit/s. Wir müssen nicht immer nur auf das (praktischerweise nach der Bundestagswahl gesetzte) Jahr 2018 schauen, sondern darüber hinaus. Und hier werden wir sehen, dass nur mit der Frequenzversteigerung zu kurz und einseitig gedacht wurde. Sowohl, was die Bandbreiten betrifft, als auch die Möglichkeiten, die man mit den Frequenzen und durch das Auktionsdesign hätte haben können.

Die Lizenzen für die Frequenzen sind nun bis zum Jahr 2033 vergeben. Zusammenfassend kann man sagen: Durch den Druck der Bundesregierung haben wir die Chance verpasst, am großen Rad zu drehen und die Möglichkeiten der Frequenzversteigerung richtig zu nutzen. Stattdessen befürchte ich, dass der Breitbandausbau so nicht vorangebracht, sondern verschleppt wird.

Der Beitrag wurde in der promedia-Ausgabe Nr. 7/2015 erstveröffentlicht.

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