Ruanda: Beschwerlicher Weg zur Demokratie

14-07-04 ruanda 2Aus Sicht westlicher Länder brechen wir schnell den Stab über den Demokratisierungsprozess in Entwicklungsländern. Bei Rheinland-Pfalz‘ Partnerland Ruanda ist es hingegen nicht leicht zu sagen, ob das Glas halb leer oder halb voll ist. Denn der Weg zur Demokratie ist ein beschwerlicher. 20 Jahre nach dem Völkermord ist die Gesellschaft noch immer tief traumatisiert. Trotz großer Fortschritte ist ein nachhaltiger innerer Frieden längst nicht erreicht. Ruanda steht vor großen Herausforderungen. Die Bevölkerung wächst rapide, 70 % der Ruander sind unter 25 Jahre alt. Vorrangiges Ziel der Regierung ist die Armutsbekämpfung. Es mangelt an Arbeit. Die Anhebung der Schulpflicht auf zwölf Jahre verschiebt das Problem allerdings nur in die Zukunft. Mit dem Masterplan 2020 will die Regierung Ruanda zu einem modernen Konferenz  und IT-Standort machen.

Kagame regiert mit strenger Hand. Polizei und Militär sind überall präsent. Korruption wird konsequent bekämpft und hart bestraft. Hier ist Ruanda deutlich weiter als viele andere afrikanische Staaten. Das Land wirkt ruhig, aber unter der Oberfläche brodelt es. Die Unterschiede zwischen Hutus und Tutsis sind nach wie vor präsent. Die Verfassung verbietet zwar die Unterscheidung. Dennoch weiß jeder, wer was ist. Im alltäglichen Zusammenleben nimmt die Bedeutung der Gruppenzugehörigkeit zwar ab, es hat aber nach wie vor eine politische Dimension. Hutus leben überwiegend auf dem Land und profitieren nur wenig oder gar nicht von der technologischen Entwicklung. In Kagames Kabinett sind nur wenige Hutus vertreten. Die von Hutus geführte Opposition ist im Ausland. Beim Gedenken wird die Ermordung der moderaten Hutus oft weggelassen. Das erzeugt Unmut. Menschenrechtsverletzungen stehen an der Tagesordnung. Die Meinungsfreiheit wird eingeschränkt, bei der Liste von Reporter ohne Grenzen rangiert Ruanda in punkto Pressefreiheit auf dem 162. Platz (von 180). Journalisten werden inhaftiert, kritische Zeitungen  eingestellt. Seit 1994 werden die Medien streng kontrolliert. Denn viele Journalisten waren während des Genozids auf der Seite der Täter und riefen zu Gewalttaten auf. Ein neues Mediengesetz soll die staatliche Kontrolle zwar etwas lockern, allerdings ist Selbstzensur weit verbreitet. Über Korruption oder die Opposition im Ausland zu berichten, kann die eigene Existenz gefährden. Private Medien sind oft in Besitz von regierungsnahen Unternehmen. Kagames Frau leitet einen Radiosender und ist Teilhaberin eines anderen. Die größte Tageszeitung New Times gehört der Regierungspartei. Einzige zugelassene Oppositionspartei ist die Demokratische Grüne Partei Ruandas (DGPR). Bei ihrer Gründung wurde sie massiv behindert und so kurzfristig zur Parlamentswahl 2013 zugelassen, dass sie nicht mehr antreten konnte. Die Ermordung des stellvertretenden Vorsitzen- den vor drei Jahren ist bis heute nicht aufgeklärt wie auch die eines Mitarbeiters von Transparency International im vergangenen Sommer. Diese Morde geschahen trotz Militär  und Polizeipräsenz.

Wie soll man, das fragen viele Aktive in Partnerschaftsprojekten, damit umgehen? Die Probleme zu verschweigen, kann sicher nicht die Antwort sein. Sich auf die Graswurzeln der Partnerschaft zu berufen, reicht nicht aus. Die Einhaltung der Menschenrechte ist unabdingbar für den Aufbau einer funktionierenden Demokratie und muss auf Regierungsebene eingefordert werden. Zudem kann es helfen, wenn sich Mitglieder der Landesregierung auch mit Vertretern der Opposition treffen. Der Vorsitzende der DGPR Frank Habineza sagt, dass es ihn schütze, wenn hohe Vertreter im Ausland mit ihm in Kontakt stünden. Die Internationale Gemeinschaft hat Ruanda nach dem Genozid vorbehaltslos unterstützt. Dies ist dem schlechten Gewissen geschuldet, damals nicht eingegriffen zu haben. Es hat Ruanda auch in seiner Entwicklung vorangebracht. Inzwischen kritisieren Geberländer die ruandische Regierung wegen der Unterstützung von Rebellengrup-pen im Kongo. Für Menschen-rechtsverletzungen muss sich die ruandische Führung nur selten rechtfertigen. Daher muss auch die rheinland-pfälzische Landes-regierung die Einhaltung der Menschenrechte und den Ausbau demokratischer Strukturen einfordern. Wenn Innenminister Lewentz Anfang April nach Ruanda fährt, hat er Gelegenheit dazu.

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