Nachhilfe in Demokratie

In der Juni-Ausgabe der digitalen Publikation der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Baden-Württemberg wird die Berichterstattung rund um die Blockupy-Proteste kritisiert. Die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete aus Mainz und medienpolitische Sprecherin ihrer Fraktion, Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), erklärt hierzu:

Offenbar gibt es in den Reihen der Polizeigewerkschaft GdP noch gehörigen Aufklärungsbedarf in Sachen Pressefreiheit. Es darf nicht sein, dass in einer öffentlichen Publikation der GdP Tageszeitungen, wie die Frankfurter Rundschau, in die Nähe zum Linksextremismus gestellt werden, nur weil sie kritisch über den Einsatz der Polizei bei den Blockupy-Protesten in Frankfurt berichtet haben.

So heißt es dort: ‚Vielmehr sind es gerade Zeitungen wie die Frankfurter Rundschau, deren Verhalten skandalös erscheint, deren Wirken – nicht nur, aber auch am 1. Juni 2013 –„desaströs“ ist und „schwarze Tage für die Demokratie“ zur Folge hat. Der Grund ist die pausenlose und ständige Verzerrung in der Berichterstattung, die nicht selten an pure Lüge grenzt und einzig in politischen Motiven begründet ist.‘

Ebenso solle sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung schämen, ein solches ‚linksradikales Propagandablatt‘ gerettet zu haben. Eine derartige Diffamierung durch Staatsbeamte darf nicht geduldet werden. Die Medien sind vierte Gewalt in unserer Demokratie; dies sollten Polizeibeamte wissen.

Diese Formulierungen hatten die Verantwortlichen von GDP digit@l wohl von der Online-Plattform ‚Blu-News‘ übernommen, dabei aber nicht die Hintergründe dieser Plattform recherchiert. ‚Blu-News‘ wird vom ehemaligen bayrischen Landesvorsitzenden der rechtspopulistischen Partei ‚Die Freiheit‘ herausgegeben.

Darüber hinaus haben nicht nur zahlreiche Medien den Polizeieinsatz bei der Blockupy-Demonstration kritisiert, die OSZE hat den Einsatz ebenso gerügt. Die Gewerkschaft der Polizei sollte schleunigst mit der Aufarbeitung beginnen und sich von ihrer Verteidigungshaltung lösen. Dass alles rechtmäßig lief, daran glaubt niemand mehr.

Ich erwarte von der Polizeigewerkschaft nicht nur eine öffentliche Distanzierung zu diesem Artikel. Er muss schnellstmöglich aus dem Netz genommen werden. Die Verantwortlichen sollten sich auch bei den RedakteurInnen der Frankfurter Rundschau entschuldigen. Darüber hinaus sollte überprüft werden, ob bei der Polizeiausbildung nicht ein stärkeres Gewicht auf die Vermittlung demokratischer Grundprinzipien wie Gewaltenteilung und die Bedeutung von Pressefreiheit für unsere Demokratie gelegt werden muss.

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