Pressefreiheit in Europa – europäische Grundwerte und Grundrechte verteidigen

Anlässlich der abschließenden Beratung der Anträge der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD zur Pressefreiheit in Europa und der Situation in Ungarn nach dem ungarischen Mediengesetz erklären Tabea Rößner, Sprecherin für Medienpolitik, und Martin Dörmann medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion:

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat es leider versäumt, ein wichtiges medien- und europapolitisches Signal zu setzen. Mit Mehrheit der Koalitionsfraktionen wurden die Anträge der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD zur Situation der Presse- und Rundfunkfreiheit in Europa und zur Situation in Ungarn und den ersten Erfahrungen mit dem ungarischen Mediengesetz abgelehnt. Dies ist sehr bedauerlich, weil damit die Chance vertan wurde, fraktionsübergreifend auf die Einhaltung der europäischen Werte und Ziele, wie beispielsweise die Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit, die zu den unveräußerlichen Grundpfeilern der EU gehören, zu drängen.

Wie dringend dies geboten ist, hat das Expertengespräch des Ausschusses zum Thema „Gefährdungen der internationalen Pressefreiheit – Folgen für Medienanbieter und ‑berichterstatter“ in aller Deutlichkeit klargemacht: Es gibt in der Europäischen Union – nicht nur in Ungarn – bedenkliche Entwicklungen. In der Rangliste der Pressefreiheit 2010 nehmen Frankreich und Italien mittlerweile die unrühmlichen Plätze 44 und 49 ein, während sie noch 2004 bei 19 und 39 lagen. Dies wird in Italien und Frankreich vor allem damit begründet, dass das Prinzip der Staatsferne gegenüber den Medien, insbesondere beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, grundlegend verletzt wird. Mit Blick auf das ungarische Mediengesetz hat ein Sachverständiger die Auswirkungen beschrieben und ausgeführt, dass es aus Ungarn keinen kritischen Beitrag mehr im Rahmen des Nachrichtenaustauschs der EBU gebe und dass nie ein einziges Bild über die Demonstrationen gegen die Politik der ungarischen Regierung erschienen sei. Diese erzwungene Selbstzensur bestätigt die Bedenken gegen das ungarische Mediengesetz in bedrückender Weise und ist nicht hinnehmbar.

Deutschland und die Europäische Union dürfen zu dieser Situation der Medien in Europa und zur mit dem ungarischen Mediengesetz einhergehenden möglichen Kontrolle und Beschränkung der Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit in Ungarn nicht schweigen. Aus diesen Gründen haben die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD heute eine Protokollerklärung eingebracht, mit der sie an die Europäische Kommission appellieren und die Bundesregierung auffordern, endlich weitergehende Initiativen zu ergreifen und Maßnahmen vorzuschlagen, um die Sicherstellung der Medien- und Pressefreiheit, der Medienvielfalt und der Unabhängigkeit der Medien sowie den Schutz der Journalistinnen und Journalisten in der Europäischen Union sicherzustellen. Eine Missachtung der europäischen Werte und Ziele kann und darf in keiner Weise toleriert werden. Die Fraktion Die Linke hat sich dieser Protokollerklärung angeschlossen.

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