Bundestagsrede zur Aufgabenplanung der Deutschen Welle 2010 bis 2013 – Berlin, 07.04.2011

Der Staatsminister hat schon das Bild von der „modernen medialen Visitenkarte Deutschlands in der Welt“ gezeichnet. Eine Visitenkarte, die alles leistet, was die Deutsche Welle als Auslandssender laut Gesetz leisten soll, müsste ungefähr so aussehen: gedruckt auf schwerem Diplomatenkarton mit schicker Prägung und Goldrand, Hologramm womöglich, und auf Knopfdruck spricht sie den Text in 30 Sprachen.

So ungefähr sehen die Aufgabenplanung der Deutschen Welle und ihr Auftrag aus: Sie soll die Medienpräsenz Deutschlands im Ausland sicherstellen, sie soll die Positionen und Werte Deutschlands vermitteln, demokratische Entwicklungen, einen rechtsstaatlichen Staatsaufbau in der Welt sowie die deutsche Sprache und Kultur fördern. Zusätzlich soll sie auch noch einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit leisten sowie den Tourismus fördern. Das ist ein ganz schön breites Portfolio. Natürlich ist das ein legitimer Wunsch der Politik; aber die Deutsche Welle ist nicht der Wunschbrunnen der Nation, sondern sie ist unser Auslandssender und trotz ihrer schwierigen Lage ein sehr guter.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit, um alle Anforderungen zu erfüllen. Regelmäßig werden Programmbeiträge der Deutschen Welle mit Preisen ausgezeichnet. Die Journalistenausbildung dort hat einen ganz ausgezeichneten Ruf.

Aber die Politik macht es dem Sender mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht gerade leicht, wenn nicht gar unmöglich, allen Ansprüchen gleichermaßen gerecht zu werden; denn eines ist klar: Das Budget des Senders steht in keinem Verhältnis zu der breiten Palette von Anforderungen. Deshalb müssen wir uns sehr deutlich die Frage stellen: Was soll und kann die Deutsche Welle für das Geld, das sie bekommt, tatsächlich leisten?

Mehr Geld? Das ist angesichts der Haushaltssituation unrealistisch und schwierig. Wenn man viel will, aber nur wenig investiert, besteht immer die Gefahr, dass vor allem eines darunter leidet: die Qualität. Im Fall der Deutschen Welle wäre das vor allem die Qualität des Journalismus oder der Ausbildung.

Damit genau das nicht passiert, hat der Intendant einige sehr vernünftige Vorschläge vorgelegt, wie die Deutsche Welle zukunftsfähig gemacht werden kann.

Es ist eine richtige Entscheidung, Schwerpunkte zu setzen, sowohl regional als auch im Hinblick auf das Programm, die Übertragungswege und die Zielgruppen, die der Sender erreichen will. Dabei setzt die Deutsche Welle stark auf das Internet. Das wurde eben schon erwähnt. Sie passt sich also einer veränderten Mediennutzung in den allermeisten Teilen der Welt   das muss man dazu sagen   an. Das ist richtig. Sie muss aber auch aufpassen, dass sie in den unendlichen Weiten des Internets gut sichtbar und auffindbar ist. Gerade in Transformationsstaaten wie jetzt im arabischen Raum, das haben wir gesehen, oder in Schwellenländern sind die Menschen politisiert, sie wollen diskutieren. Dort muss die Deutsche Welle zum Beispiel auch in sozialen Netzwerken präsent sein, interaktive Angebote machen und politische Debatten multimedial begleiten. Positive Beispiele dafür gibt es bereits, zum Beispiel die Portale der Deutschen Welle in Farsi oder die Dialogplattform Qantara.

Tagesaktuelle Berichterstattung, zumal in Krisensituationen, kann die Deutsche Welle mit ihrem Budget nur in Ansätzen leisten. In diesem Zusammenhang bin ich sehr froh über das eindeutige Signal, das von unserer Beschlussempfehlung ausgeht, dass nämlich die öffentlich-rechtlichen Sender aufgefordert werden, enger mit der Deutschen Welle zusammenzuarbeiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Herr Staatsminister, wenn Sie diesen Weg zusammen mit den Ländern gehen, dann haben Sie unsere Unterstützung. Das betrifft die Übernahme von Sendungen aus dem öffentlich-rechtlichen Programm, vor allem den Zugriff auf das Korrespondentennetz und die Infrastruktur. Ich hoffe, dass sich die Öffentlich-Rechtlichen entgegenkommend zeigen. Dies wäre nicht nur für die Deutsche Welle ein großer Gewinn.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Siegmund Ehrmann (SPD))

Die vorliegende Beschlussempfehlung soll meinem Verständnis nach vor allem eine Wirkung haben: dem Intendanten bei seinen Reformbemühungen den Rücken zu stärken. Die Unruhe, die in der Deutschen Welle vorhanden ist, wurde schon angesprochen. Diese Unruhe ist verständlich. Wenn eine große Umorganisation eines Unternehmens geplant ist, dann sorgt das für Verunsicherung der Beschäftigten, gerade wenn damit möglicherweise der Abbau von Arbeitsplätzen verbunden ist. Ich habe nach Gesprächen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Deutschen Welle die begründete Hoffnung, dass die Führungsebene und das Personal gemeinsam einen guten Weg gehen werden. Ein solcher Wandel kann nämlich nur gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen, und zwar in eine Richtung.

Unstrittig ist bei allen Beteiligten, dass sich die Deutsche Welle an die finanziellen und medienpolitischen Gegebenheiten anpassen muss, damit sie ihre Aufgaben weiterhin erfüllen kann. Dabei können wir als Gesetzgeber sie unterstützend begleiten, indem wir ihr Aufgabenprofil besser spezifizieren und auch priorisieren. Wir sollten unsere mediale Visitenkarte etwas schlichter, dafür aber klar und übersichtlich gestalten. Dann könnte sich die Deutsche Welle ganz auf das konzentrieren, was sie am allerbesten kann: journalistisch gut arbeiten.
Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

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