Keine Klagen gegen Windräder

Wie bestellt trieb der Hunsrücker Wind die Windräder an, als Projektkoordinator Michael Grehl die Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner und Interessierte der Grünen der Region am 4. November 2010 durch die Energielandschaft Morbach führte. Auf einem ehemaligen US-Munitionslager produzieren heute Kraftwerke Strom und Wärme aus den Energieträgern Biomasse, Wind und Sonne.

Da die Gemeinde von Anfang an auf größtmögliche Transparenz und Information setzte, hat die Bevölkerung das Konzept der Energielandschaft von Anfang an mitgetragen. Eine gute Analyse und eine nachvollziehbare Planung führten zu einem stringenten Konzept. Der Regionalverein, ein Verein aus Privat- und Unternehmensinitiative, stieß das Projekt maßgeblich mit an. Damit wurde das Vorhaben auf breite Füße gestellt und als gemeinsames Morbacher Projekt angesehen. Statt zu protestieren, haben die Morbacher die Windräder angenommen.

Auf dem ehemaligen Munitionslager lassen sich die Windkraft- und Photovoltaikanlagen beispielhaft mit ökologischer Landespflege vereinbaren. Die artenreichen Wiesen werden von Schaften beweidet. Die aufkommende Verbuschung kann auf dem gesamten Gelände jedoch leider nicht zurückgehalten werden. Das strukturreiche Gelände nutzen auch Wildkatze, Dachs und Fuchs. Schwieriger ist die Vereinbarkeit der erneuerbaren Energiequelle Biogas mit den Zielen der Landespflege.

Die Biogas-Anlage der Energielandschaft nutzt anteilig Gülle und Silage aus Mais, Grünschnitt und Triticale. Grehl schätzt ein, dass die ökologisch verträgliche Nutzung von Frischgut-Biomasse damit in der Region ausgeschöpft ist. Eine neue Anlage im Kreis sei jedoch geplant, mit der sich der Energiepflanzenanbau ausweiten würde. Aus landespflegerischer Sicht ist dies negativ zu bewerten, da die Landwirtschaft intensiviert wird. Ökologisch wertvolle Grünlandstandorte werden umgebrochen. Der intensive Maisanbau beeinträchtigt das Bodenleben, was die CO2-Bindungskraft der Humusschicht reduziert. Die Biogasnutzung aus Frischgut-Biomasse ist auch deshalb kritisch zu sehen, da die Solarenergie pro Flächeneinheit einen höheren Energieertrag erreichen kann. Sehr positiv zu bewerten ist die Verbindung der Biogasanlage mit dem Pelletswerk, da die anfallende Wärme direkt genutzt werden kann. Damit wird die verhältnismäßig schlechte Energiebilanz der Biogas-Anlagen erheblich besser.

Im Anschluss an die Besichtigung vor Ort diskutierten Bürgermeister Eibes, Rößner, Interessierte des grünen Kreisverbandes und Landtagskandidatin Jutta Blatzheim-Roegler im Rathaus der Einheitsgemeinde über aktuelle Entwicklungen. Der Weg zur Nahwärmeversorgung in Morbach ist immer noch steinig. Eibes ist optimistisch, dass das Netz bis zum Winter 2011/12 stehen wird. Heiß diskutiert wird die Planung von zusätzlichen Windkraftanlagen im Naturpark Soonwald. Mit einigen der derzeit leistungsstärksten Anlagen könnte auch die Industrie in Morbach mit Strom aus erneuerbaren Quellen versorgt werden. Bisher ist die Errichtung der Anlagen nicht zugelassen, da das Gebiet zusätzlich zum Naturpark-Status auch zum Biotopnetz der Europäischen Union `Natura 2000´ gehört. In den nächsten Jahren müssen Weichen gestellt werden, wie die forcierte Nutzung erneuerbarer Energien in der Fläche mit der Notwendigkeit des Naturschutzes vereinbart werden kann.

Auf großes Interesse gestoßen ist das Verwaltungsmodell der Einheitsgemeinde. Morbach ist eine von vier Einheitsgemeinden in Rheinland-Pfalz. Bürgermeister Eibes ist überzeugt von dem Modell: „Die Realität hat gezeigt, dass das Gegenteil der Befürchtungen eingetreten ist: Die Identifikation mit den Ortsgemeinden ist hoch, das Vereinsleben sehr rege. Aber das sonst übliche Kirchturmdenken fehle.“ In der Einheitsgemeinde sei es von vornherein üblich, zusammen zu arbeiten. Planungen seien leichter abzustimmen und durchzusetzen. Die Anforderungen an die Gemeinden seinen heute so hoch, dass die Ortsgemeinden ihnen kaum gerecht werden können, allein der Kita-Betrieb brauche hoch professionelle Strukturen. Uwe Andretta, Vorsitzender des Kreisverbandes der GRÜNEN bestätigt dies: „ Das Denken in Gemarkungsgrenzen gibt es nicht. Das schafft Freiräume.“ In der Diskussion um die Verwaltungs- und Strukturreform sollten diese Erfahrungen Berücksichtigung finden.

Der Erfolg der Energielandschaft Morbach hängt nicht nur mit der Windhöffigkeit des Hunsrücks zusammen. Rößner bestätigt: „Die erneuerbaren Energien müssen ins das sozio-ökonomische  und ökologische Umfeld passen. Wenn vor Ort das Engagement, eine professionelle Planung und die Zusammenarbeit stimmen, ist Richtungsweisendes möglich.“

Der Besuch war Teil einer Tour von Frau Rößner, bei der sie sich über zukunftsfähige Initiativen in Rheinland-Pfalz informierte, die den wirtschaftlichen und demografischen Wandel aktiv gestalten.Tabea Rößner ist seit September 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.  Sie ist Sprecherin für Medien- und Demografiepolitik.

12. November 2010

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