Bewerbungsrede für die Landesliste von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz zur Bundestagswahl – LDV Limburger Hof 28. März 2009

– Es gilt das gesprochene Wort –

Liebe Freundinnen und Freunde,

wenn man eine Million in 500 Euro Scheinen auf einander stapelt, wäre der Turm 22 Zentimeter hoch. Bei einer Milliarde erreicht der Turm 220 Meter. Bei einhundert Milliarden endet der Turm in 22 km Höhe – in der Stratosphäre.

8,2 Milliarden für die Commerzbank, 13 Milliarden für die HSH, 50 Milliarden für das so Konjunkturpaket II und 112 Milliarden für die Hypo Real Estate – ganz selbstverständlich jongliert die Große Koalition mit solchen Riesen-Beträgen. Hier ein Hilfspaket, dort ein Rettungsfonds. Liebe Freundinnen und Freunde, die Finanzkrise war wichtig! Sie ist wichtig, denn sie zeigt das Scheitern des neoliberalen Deregulierungswahns – und das müssen endlich auch die Guido Westerwelles dieser Welt kapieren!!!

Es kann jetzt nicht mehr so weiter gehen! Wir brauchen dringend eine wirksame Kontrolle des Marktes! Daher brauchen wir starke GRÜNE, damit wir unseren Green New Deal auch durchsetzen können!

Wir brauchen endlich Manager, die über die Renditesteigerung für das nächste Quartal hinaus planen und wir brauchen eine Politik, die bereit ist, über die nächste Wahlperiode hinaus zu denken.

Nur wir GRÜNE sind es, die es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen. Wir GRÜNE sind es, die den nachfolgenden Generationen eine ökologisch und ökonomisch intakte Umwelt hinterlassen wollen.

Es geht auch darum, unseren Kindern nicht so viele Schulden aufzubürden, Schulden, die sie nie mehr begleichen können.

Daher brauchen wir eine nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik, und wenn die Regierung sagt, sie führt eine Schuldenbremse erst 2020 ein, dann ist das so, als wenn ein Säufer sagt: nächstes Jahr hör ich auf zu trinken, aber bis dahin geb’ ich mir noch ordentlich die Kante. Das ist alles andere als verantwortliches Handeln! Wir brauchen die Schuldenbremse jetzt und nicht erst in 10 Jahren!!!

Und was zeichnet die große Koalition aus? Außer dem peinlichen Streit innerhalb der Koalition – der für unser Land nur noch beschämend ist? Kopfloser Aktionismus! Mit nichts anderem ist das Rumgeeiere der Bundesregierung zu bezeichnen.

Angela Merkel, die noch vor wenigen Monaten in Grönland posierte, verwandelte sich in Windeseile von der selbsternannten Klimakanzlerin zur Autokanzlerin. Und plötzlich geht es nicht mehr um Schöpfung, sondern nur noch um Wertschöpfung!

Die Abwrackprämie wurde – weil man ja sonst nichts für die Umwelt tut – kurzerhand in Umweltprämie umgetauft – das klingt dann wenigstens nach Programm! Nein, liebe Freundinnen und Freunde, das straft jede Aufrichtigkeit in der Politik Lügen:
Diese Prämie hat mit Umwelt rein gar nichts zu tun – sie ist eine Verschmutzungs-, eine Dreckschleuder-Prämie, sonst nichts! Wo Umwelt drauf steht, ist Industriepolitik drin. Das ist das wahre Gesicht der großen Koalition!!!

Bei der Bundestagswahl geht es also darum, ob die Regierung auf Krisen auch zukünftig mit Strohfeuern reagiert, oder ob wir endlich den Schalter umlegen in Richtung eines ressourcen- und damit umweltschonenden Wirtschaftens.

Ökonomie und Ökologie verbinden – die einzigen, die dies verstanden haben, das sind wir GRÜNE. Wenn nicht endlich unsere Wirtschaftsentwicklung nachhaltig wird, steuern wir geradewegs auf die nächste Krise zu.

Es gibt einige verzagte Stimmen, die angesichts der Wirtschaftskrise davor warnen, den Klimawandel zu sehr im Wahlkampf zu thematisieren. Viele erinnern sich an unser Debakel vor fast 20 Jahren: Alle reden von Deutschland – nur wir reden vom Wetter. Auch wenn es richtig war, auf den drohenden Klimawandel hinzuweisen, die Menschen haben unser Anliegen damals nicht verstanden.

Heute wird aber immer mehr Menschen bewusst, dass der fortschreitende Klimawandel eine globale Aufgabe ist, es ist die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte – und es wird immer mehr eine Frage von Krieg und Frieden auf der Welt. Wenn das Wasser knapp wird, werden militärische Konflikte um die wertvollste und lebensnotwendige Ressource Wasser gehen. Und so haben wir nicht nur eine Verantwortung unseren Kindern gegenüber, sondern eine Verantwortung gegenüber den Menschen, die in Regionen leben, wo bereits jetzt Wassermangel herrscht und wo sich humanitäre Katastrophen schon heute absehen lassen. Darum ist nachhaltige Wirtschaftspolitik aktive Friedenspolitik!

Vor zwei Wochen war der Bundesumweltminister – neuerdings auch Kohle-Siggi genannt – in Mainz. Und an seinem Besuch bei dem Unternehmen, das das Kohlekraftwerk bauen will, wurde einmal mehr deutlich, wie janusköpfig die große Koalition agiert und ich sage es mit aller Deutlichkeit: auch die SPD!

Die SPD ist völlig unglaubwürdig, wenn sie einerseits den Ausbau Erneuerbarer Energien predigt, Solarpäpste durchs Land schickt und dann von Kohlekraftwerk zu Kohlekraftwerk tingelt.

Über 20 Kohlekraftwerke werden in Deutschland gerade geplant. Diese Planungen laufen den Klimaschutzzielen Deutschlands komplett entgegen: Der Energiesektor stößt pro Jahr 300 Mio. Tonnen CO2 aus, die geplanten Kohlekraftwerke würden die CO2-Bilanz um weitere 190 Mio. Tonnen erhöhen.

Die Technologie der CO2-Abscheidung, die von einigen heraufbeschworen wird, gibt es noch nicht. Es ist keine Lösung des Problems, es verlagert das Problem nur in die Zukunft. Denn das in die Erde gepumpte CO2 ist nicht verschwunden, es wabert später irgendwann wieder nach oben!

Wir dürfen daher nicht Millionen Euro in die Forschung fragwürdiger Technologien stecken, sondern müssen es in die Erforschung umweltfreundlicher und damit zukunftsfähiger Technologien investieren. Wir brauchen eine zukunftsfähige Energiepolitik, weg von Kohle und Atom, hin zu Erneuerbaren Energien, und da, liebe Freundinnen und Freunde, ist noch viel zu tun!

Es geht dabei auch um Arbeitsplätze. Die Firma Juwi beginnt gerade in Wörrstadt anzubauen, nachdem erst vor einem Jahr ihre Firmenzentrale eingeweiht wurde. In zwei, drei Jahren werden sie mehr Gewerbesteuer zahlen, als das Kohlekraftwerk in Mainz jemals tun wird. 500 Mitarbeiterinnen arbeiten bei juwi inzwischen – 5mal mehr als in dem Kohlekraftwerk: Liebe Freundinnen und Freunde, neue Arbeit ist nicht schwarz, sie ist grün!

Und trotz Ablehnung neuer Klimakiller – und das sage ich heute, am 30. Jahrestag von Harrisburg, trotzdem ist für mich der Ausstieg aus der Atomenergie unumstößlich! Anders als bei der CDU. Und daher geht es bei der Bundestagswahl auch darum, ob – wie in Schweden – der Ausstieg aus der Atomenergie rückgängig gemacht oder endlich die dringend notwendige Energiewende eingeläutet und der Atomausstieg fortgesetzt wird!

Und daher ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von Donnerstag richtig, dass Biblis A nicht länger laufen darf. Dieser Schrottreaktor ist der erste, der vom Netz gehen muss – und darum geht es am 27. September!!!

Die Bundestagwahl wird aber auch eine Entscheidung darüber, ob wir weiter Steuergeschenke an Besserverdienende machen oder die soziale Schieflage beheben, so dass Kinderreichtum nicht automatisch zu Armut führt.

Kinder sind auch Menschen – so titelte die taz Ende Januar. Warum muss uns eine Zeitung dies um die Ohren hauen? Offenbar deshalb, weil dieser Umstand vielen nicht wirklich bewusst zu sein scheint.

Kinder sind auch Menschen – das bedeutet, dass ein Kind von 211 Euro im Monat nicht leben kann! 211 Euro – wer Kinder hat, weiß, was sie brauchen. Man kann nicht einfach ein Zentimetermaß aus der Tasche holen und die Größe eines Kindes zum Maßstab seiner Bedürfnisse machen!

Ohne Geld – keine Teilhabe! Jedes sechste Kind in Deutschland gilt als arm. Kinderhilfsorganisationen rechnen damit, dass bis zum Jahr 2020 jedes dritte Kind arm sein wird. Und dies, liebe Freundinnen und Freunde, in einem der reichsten Länder der Welt, – ein Skandal, für das sich dieses Land schämen muss! Diese soziale Schieflage müssen wir endlich beheben! Daher brauchen wir eine Grundsicherung – für Kinder, mehr Soldiarität und wir brauchen einen neuen Gesellschaftsvertrag! Und der muss grün sein!!!

Wir wollen Familien stärker unterstützen – aber nicht nur finanziell, sondern auch mit der richtigen Infrastruktur. Bildung ist der Schlüssel für die Zukunft. Soziale Gerechtigkeit ist nicht zuletzt eine Frage des gerechten Zugangs zu Bildung. Und dieser Zugang darf nicht länger vom Geldbeutel der Eltern abhängen! Deshalb brauchen wir beitragsfreie Kindertagesstätten, wir brauchen ein integratives Schulsystem und wir brauchen den Zugang zum Studium ohne Barrieren – d.h. für mich auch ohne Studiengebühren!!!

Nur so verbessern wir die Chancen für benachteiligte Kinder, nur so können sie aus dem Teufelskreis ausbrechen, in den viele geboren werden, nur so werden sie die Schule bewältigen, eine Ausbildung machen, und nur so werden sie später ein eigenverantwortliches Leben führen können. Es darf keine Verliererinnen und Verlierer in unserem Bildungssystem geben! Chancengerechte Bildung und individuelle Förderung aller Kinder – das ist die beste Prävention gegen Langzeitarbeitslosigkeit und gegen Armut im Alter!

Mit großer Sorge sehe ich das selbstbewusste Auftreten der Rechten, – Auch in Rheinland-Pfalz marschieren Rechte in vielen Orten auf. Ludwigshafen, Wörrstadt, Zweibrücken – um nur einige Orte zu nennen – und jetzt am 1. Mai in Mainz. Nazis haben keinen Platz in einer toleranten und weltoffenen Gesellschaft und deshalb möchte ich euch alle dazu ermuntern, am 1. Mai nach Mainz zu kommen

Liebe Freundinnen und Freunde, ich habe einige Themenfelder genannt, für die ich inhaltlich in den letzten Jahren gekämpft habe und für die ich mich auch in Zukunft einsetzen möchte. Falls ihr mich in den Bundestag schickt, dann werde ich mit meiner ganzen Kraft für ein modernes, für ein weltoffenes, für ein soziales, und für ein gerechtes Land kämpfen.

Und ich werde dafür kämpfen, dass die GRÜNEN in zwei Jahren wieder in den Landtag einziehen. Denn eines ist ganz klar: Auch Rheinland-Pfalz braucht starke GRÜNE!

Wir GRÜNE müssen so stark werden wie nie zuvor! Dafür kämpfe ich! Und dafür bitte ich um eure Unterstützung!

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